Zwölf Haushalte — zwölfmal mehr Demokratie
Mehr als drei Monate sind vergangen, seit das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 den zweiten Nachtragshaushalt 2021 für nichtig erklärte. Doch obwohl der Haushalt 2024 im Anschluss neu aufgestellt wurde, fehlt es uns bisher an tiefergehenden, strukturellen Reformen. Das bisher zu Unrecht ignorierte Konzept monatsscharfer Bundeshaushalte könnte die Antwort sein.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 setzt neue Maßstäbe in der deutschen Finanzpolitik. Mit der Erklärung der Nichtigkeit des zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021 wurde nicht nur ein bedeutendes juristisches, sondern auch ein finanz- und demokratiepolitisches Signal gesetzt. Doch wie können wir sicherstellen, dass dieses Urteil mehr als nur eine Fußnote in den Annalen der Finanzgeschichte wird? Was muss geschehen, damit der dringend benötigte Ruck durch die deutsche Finanzpolitik geht?
Eine Antwort könnte in der Einführung monatsscharfer Bundeshaushalte liegen. Die Idee ist so radikal wie pragmatisch: Indem der Haushalt auf einen monatlichen Zyklus umgestellt wird, wird eine granulare und zeitnahe parlamentarische Kontrolle ermöglicht. Die Lücke zwischen legislativer Aufsicht und exekutiver Handlungsfreiheit, welche allzu oft zu einem laxen Umgang mit Haushaltsmitteln führt, wird dramatisch geschmälert. Unsere Demokratie wäre gestärkt.
Makroökonomisch wären große Fortschritte zu erwarten. Die monatliche Haushaltsführung würde nicht nur eine präzisere Anpassung an wirtschaftliche Schwankungen und unvorhergesehene Ereignisse ermöglichen, sondern auch das Risiko minimieren, dass Notlagen missbraucht werden. Der Exekutive wäre endlich die Versuchung genommen, unter dem Deckmantel temporärer Krisen langfristige finanzielle Verpflichtungen einzugehen, zum Beispiel hundert oder sogar zweihundert Tage in die Zukunft.
Für die Privatwirtschaft wäre es Befreiungsschlag und Innovationstreiber in einem. Menschen und Unternehmen würden entwöhnt vom süßen Gift der übermonatlichen künstlichen Stabilität. Ein gesundes Maß an Überraschungen würde Spreu von Weizen trennen: Die Agilen, Hungrigen, Kreativen würden aufblühen. Die Trägen, Langsamen, Faulen kämen unter Druck, könnten jedoch im eifrigen Wettbewerb der Chancen-Lotterie über sich hinauswachsen. Völlig neue Produkte und Produktionsprozesse wären zu erwarten: Aufblasbare Fabriken, die im Gleichtakt mit wechselnden Förderkulissen hoch- und runterskalieren; Traktortransportdrohnen, die bei drohenden Agrardieselförderungskürzungen automatischen Lufttransport bis direkt vor das Brandenburger Tor anbieten; Arbeitsverträge auf der Blockchain, die sich in Abhängigkeit vom Bitcoin-Kurs algorithmisch selber kündigen. Die Entfesselung der Wirtschaft wäre geschafft. Interne Modellierungsergebnisse deuten darauf hin, dass die TFP um bis zu 3,14159 % steigen könnte.
Auch für den Staat wäre es eine dornige Chance. Denn die technische Umsetzung monatsscharfer Haushalte erfordert ein Umdenken auf allen Ebenen der Haushaltsplanung und -kontrolle. Moderne IT-Systeme und KI-basierte Prognosemodelle könnten zum Einsatz kommen, um die notwendige Datenqualität und -aktualität zu gewährleisten. Um dafür eine dekarbonisierte Stromversorgung rund um die Uhr zu garantieren, könnten die benötigten Datenzentren mit Fusionsreaktoren betrieben werden. Zwar gilt es hier noch einige Kinderkrankheiten auszubügeln, doch sind wir zuversichtlich, dass die Perfektionierung dieser Energietechnologie zeitgleich mit der ebenfalls notwendigen Anpassung der Bundeshaushaltsordnung gelingen kann.
Kritiker mögen einwenden, dass ein monatlicher Haushaltszyklus die Bürokratie unnötig aufblähen und den Raum für die sonstige parlamentarische Arbeit verknappen könnte. Jedoch bietet die Digitalisierung der Finanzverwaltung Chancen, die administrativen Hürden zu minimieren. Durch die Einführung von Echtzeit-Transparenz und automatisierten Anpassungsmechanismen könnten viele der befürchteten Probleme abgemildert werden. Was die parlamentarische Arbeit des Bundestags betrifft, so stellen wir die Frage: Gibt es überhaupt Politik, die keine Finanzpolitik ist?
Darüber hinaus könnten monatsscharfe Haushalte dazu beitragen, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die staatliche Haushaltsführung zu stärken. Die Bürgerinnen und Bürger hätten die Möglichkeit, die Allokation öffentlicher Mittel sowie deren Verwendung nahezu in Echtzeit zu verfolgen. Dies würde nicht nur die parlamentarische, sondern auch die basisdemokratische Kontrolle über die Staatsfinanzen stärken.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts eröffnet eine historische Chance, die deutsche Finanzpolitik fundamental neu zu denken. Die Einführung monatsscharfer Bundeshaushalte könnte ein entscheidender Schritt sein, um das Risiko fiskalischer Fehltritte zu minimieren und die überkommenen Haushaltspraktiken des letzten Jahrhunderts hinter uns zu lassen. Zu gewinnen wäre nicht weniger als eine Verzwölffachung der parlamentarischen Gestaltungsmöglichkeiten. Lassen Sie uns diese Chance nicht ungenutzt verstreichen lassen. Lassen Sie uns 12-mal mehr Demokratie wagen.
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