Gute Industriepolitik ist schwierig

Gute Industriepolitik ist schwierig. Dies unterstreicht die Nachricht, dass Intel den Baustart seiner Chipfabriken bei Magdeburg um mindestens zwei Jahre verschiebt. Aber wie ist Intel-Magdeburg grundsätzlich einzuordnen? Ist die angedachte 10-Milliarden-Subvention gute Industriepolitik? Zur Beantwortung dieser Fragen haben wir in den letzten Monaten einen Leitfaden zur Bewertung von staatlichen Investitionen (BESTInvest) erstellt und auf Intel-Magdeburg angewandt. Unser Ergebnis: Das Projekt ist zu Recht umstritten. Effekte auf gesamt- und regionalwirtschaftlichen Wohlstand, Klima und europäische Souveränität sind zwar positiv, aber im Verhältnis zur Investitionssumme moderat.

Was kostet eine sichere, lebenswerte und nachhaltige Zukunft?

Die Konjunkturkomponente der Schuldenbremse wurde überarbeitet. Durch technische Verbesserungen entstehen im Bundeshaushalt 2025 3,4 Mrd. Euro zusätzlicher finanzieller Spielraum. Wir schlagen vor die potenzialerweiternden Maßnahmen der Wachstumsinitiative in der Potenzialschätzung zu berücksichtigen. Das schafft einen zusätzlichen Spielraum von 3 Mrd. Euro, ohne dass die Schuldenbremse reformiert werden muss.

Wie wir die Modernisierung Deutschlands finanzieren

Die Konjunkturkomponente der Schuldenbremse wurde überarbeitet. Durch technische Verbesserungen entstehen im Bundeshaushalt 2025 3,4 Mrd. Euro zusätzlicher finanzieller Spielraum. Wir schlagen vor die potenzialerweiternden Maßnahmen der Wachstumsinitiative in der Potenzialschätzung zu berücksichtigen. Das schafft einen zusätzlichen Spielraum von 3 Mrd. Euro, ohne dass die Schuldenbremse reformiert werden muss.

Sommer-Leseempfehlungen und eine Vorschau auf den Herbst

Dezernat Zukunft verabschiedet sich in die Sommerpause. Wir wünschen Ihnen und Euch erholsame Ferien und teilen in diesem Geldbrief Leseempfehlungen aus unserem Team. Anfang September sind wir wieder da. Dann präsentieren wir erste Ergebnisse unseres Projektes „Wie finanzieren wir eine gute Zukunft?“.

Drei Lehren zu europäischer Souveränität

Zum Thema Souveränität sind viele Grundsatzfragen noch ungeklärt. Mit einigen davon haben wir uns im Rahmen eines neuen Hintergrundpapiers zu europäischer Souveränität befasst. Dieser Geldbrief fasst seine drei wichtigsten Erkenntnisse zusammen.

Mehr Mindestlohn, mehr Würde, weniger Marktversagen

Dieser Geldbrief blickt auf den Mindestlohn: seine Geschichte, Wirkweise und mögliche Zukunft. Die Kernbotschaften: Bisher war der Mindestlohn eine große Erfolgsgeschichte. Dieser Erfolg hat weite Teile der VWL überrascht. Er geht darauf zurück, dass sich Arbeitsmärkte als vermachteter und reicher an Marktversagen herausgestellt haben, als viele vorher dachten. In Zukunft könnte es lohnenswert sein, schrittweise einen Mindestlohn von 16 Euro anzustreben.

Das öffentliche Beschaffungswesen als Dekarbonisierungs­­­­instrument

Mit dem „Fit for 55“-Paket, dem Critical Raw Materials Act und dem Net Zero Industry Act hat sich Europa ambitionierte Klima- und Resilienzziele gegeben. Eine neue Studie des Forschungsinstituts Carbone 4 überprüft, inwiefern das öffentliche Beschaffungswesen dazu beitragen könnte, diese Ziele zu erreichen. Das Ergebnis: ein ambitioniertes Gesetz für europäische und nachhaltige Beschaffung könnte ca. ein Prozent der EU-Emissionen einsparen und dazu beitragen, grüne Leitmärkte für europäische Firmen zu schaffen. Die dabei entstehenden Mehrkosten wären beherrschbar.

Zwölf Haushalte — zwölfmal mehr Demokratie

Mehr als drei Monate sind vergangen, seit das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 den zweiten Nachtragshaushalt 2021 für nichtig erklärte. Doch obwohl der Haushalt 2024 im Anschluss neu aufgestellt wurde, fehlt es uns bisher an tiefergehenden, strukturellen Reformen. Das bisher zu Unrecht ignorierte Konzept monatsscharfer Bundeshaushalte könnte die Antwort sein.

Unnötige Schwerlastprobe

Nach einem politisch bewegten Jahresanfang hat der Bundeshaushalt 2024 die wichtigste Hürde passiert. Auch wenn die Kürzungen in Reaktion auf das Karlsruhe-Urteil milde ausgefallen sind, verbleibt die Regierung auf einem makroökonomisch unsinnigen Sparkurs. Anlässlich der momentanen Lage betrachten wir in diesem Geldbrief mögliche politische Konsequenzen, anstatt wie üblich das Ökonomische zu durchleuchten. Die jüngste Forschung dazu zeigt: Exzessives Sparen schafft Risiken für Politikvertrauen und Demokratie.

Über Unsicherheit, Investitionen und was der Staat tun kann

In diesem Geldbrief geht es um den Zusammenhang zwischen Unsicherheit und Investitionstätigkeit. Denn die wirtschaftspolitische Unsicherheit ist global zuletzt gestiegen, vor allem in Deutschland. Wir untersuchen, in welchem Maße sich die gestiegene Unsicherheit mit dem deutschen Exportmodell und der wackeligen Haushaltspolitik der Ampel erklären lässt und diskutieren Strategien zur Reduktion wirtschaftlicher Unsicherheit und Steigerung von Investitionen in der Zeitenwende. Eine besondere Rolle kommt dabei dem Staat zu.

Vienna Calling

Last week we held our second European Macro Policy Network (EMPN) conference. After the first meeting in Rome, hosted by Sapienza University in March, Philipp Heimberger and the Vienna Institute for International Economic Studies (wiiw) welcomed us to Austria. Keynote speeches were given by Jakob von Weizsäcker, Minister of Finance of the Saarland, and Jeromin Zettelmeyer, Director of Bruegel. This newsletter summarises the proceedings.

Von Notlagen und Normallagen

Ein Paukenschlag aus Karlsruhe: Mit dem Urteil vom 15.11.2023 hat das Bundesverfassungsgericht die Zuführung von 60 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds für nichtig erklärt. Dieser Geldbrief erklärt zunächst, was passiert ist und wirft einen ersten Blick auf die Folgen des Urteils. Anschließend legt er dar, warum das Urteil in Richtung wiederholter Notlagen deutet, und erklärt, warum gleichzeitig der Weg aus der Notlage zurück in die Normallage heute so schwierig ist.

Fossil Fuel to the Fire

“Fossil Fuel to the Fire: Energy and Inflation in Europe” is a research paper with three main findings. First, fossil fuels were the main cause Europe’s recent inflation. Second, replacing fossil fuels with renewable energy can increase price stability. Third, the right policy are needed today to realise this potential in the future.

Demokratie und Schuldenbremse – Bericht unserer Fachtagung

Sie beschäftigt uns schon länger: die Schuldenbremse. Doch sie ist nicht nur eine makroökonomische Fiskalregel, sondern auch gelebte Verwaltungspraxis für viele Beamte im Bundesfinanzministerium, Kanzleramt und in den Ländern, sowie ein Artikel unserer Verfassung, der von Jurist:innen und Richter:innen interpretiert werden muss. Um unseren ökonomischen Blick mit diesen beiden Perspektiven – Verwaltungspraxis und Rechtswissenschaft – zu erweitern, haben wir vorletzten Freitag eine interdisziplinäre Fachtagung zur Schuldenbremse im Futurium Berlin veranstaltet. Dieser Geldbrief berichtet.

Strenge Fiskalregeln reduzieren öffentliche Investitionen

Reduzieren Fiskalregeln öffentliche Investitionen? In diesem Geldbrief fassen wir ein paar Highlights aus einem kürzlich erschienenen Working Paper von Leonard Mühlenweg (FiscalFuture) und Dr. Lena Gerling (CIW Münster) zusammen, das sich mit diesem Thema beschäftigt. Das zentrale Ergebnis: strengere Fiskalregeln führen zu einer signifikanten Reduktion öffentlicher Investitionen, welche die allgemeine Ausgabenreduktion, die mit Fiskalregeln einhergeht, deutlich übersteigt.

Frischer Wind in Washington

Mehr und mehr wird deutlich: Bidenomics ist ein ökonomischer Paradigmenwechsel. Dieser Geldbrief schnuppert in den frischen Wind rein, der gerade in Washington weht: Was hat diese Zäsur ausgelöst? Was genau ist der Inhalt von Bidenomics? Und wie sehen seine vorläufigen Ergebnisse aus?

Italiens Stagnation verstehen

Die wirtschaftliche Stagnation Italiens ist von fiskal- und allgemeinpolitischer Bedeutung. Da eine wirksame Therapie eine genaue Diagnose voraussetzt, werden in diesem Papier die wichtigsten Erklärungen für diese Stagnation zusammengefasst, verglichen und bewertet. Das Paper kommt zu dem Schluss, dass keiner dieser Erklärungsansätze für sich genommen überzeugend ist. Es folgt daher eine Synthese ihrer vielversprechendsten Elemente. Direkte Ursachen finden sich im hohen Anteil kleiner, aber unproduktiverer Unternehmen sowie in mangelnden privaten und öffentlichen Investitionen. Dahinter liegen tiefere Gründe, darunter eine festgefahrenes Justizsystem, asymmetrische Steuerdurchsetzung zum Vorteil kleiner Firmen, sowie ein in sich selbst widersprüchlicher Reformmix, der Strukturreformen mit intensiver Sparpolitik kombinierte. Auch wenn im Paper keine direkten Vorschläge für neue Reformen gemacht werden, so legen die Ergebnisse nahe, dass zukünftige Reformen den Kern der italienischen Stagnation angehen muss, ohne die investitionshemmenden Fehler der letzten 30 Jahre zu wiederholen. Vor diesem Hintergrund könnte der Ansatz positiver Konditionalität – d. h. Auflagen, die bei Erfüllung zusätzliche Ressourcen freisetzen, wie bei NextGenEU – ein vielversprechender Weg sein.

Klimaneutralität erfordert eine „all-of-economy“-Strategie

Der dieswöchige Geldbrief greift ein Argument auf, zu dem Philippa, Max und Janek auf Project Syndicate einen englischen Meinungsbeitrag veröffentlicht haben: Mit ihrer technischen Antwort auf den Klimawandel steuern die Europäische Union und Deutschland auf fiskalische und soziale Verwerfungen zu. Eine erfolgreiche Dekarbonisierung erfordert einen gesamtwirtschaftlichen Ansatz, der technische Maßnahmen zur Emissionsminderung mit guten und hoch bezahlten Arbeitsplätzen sowie finanzieller Sicherheit verbindet.

Alle Wege führen nach Rom

Am 30. und 31. März fand das erste Treffen des European Macro Policy Networks (EMPN) statt. Was den Gründern der Europäischen Union recht war, konnte uns nur billig sein: Treffpunkt Rom. In diesem Geldbrief berichten wir über die Tagung, erklären, was es mit dem EMPN auf sich hat, und stellen unsere drei jüngsten Kooperationen im Rahmen des Netzwerks vor.

Europas gordischer Knoten: Warum stagniert Italien?

Eine zentrale Lektion unseres Papiers zu Reformoptionen des Stabilitäts- und Wachstumspakt war: in Italien liegt der Hund begraben. Das Land und seine Staatsschuld sind zu groß, als dass ein Ausfall mit den üblichen Mitteln aufgefangen werden kann. Ein Zahlungsausfall könnte das Ende der Eurozone bedeuten. Mehr Sparen scheint zur Vermeidung dieses Super-GAUs aber nur begrenzt zielführend zu sein: nicht Italiens Haushalte, sondern ein Ausbleiben des Wachstums sind die Wurzel des Problems. Um mögliche Auswege aus diesem Dilemma besser zu verstehen, haben wir Italiens jüngere Wirtschafsgeschichte untersucht. Unsere Schlussfolgerung: Es gab große Reformen in den letzten dreißig Jahren. Doch ihre inneren Widersprüche vertieften die Malaise. Jetzt gilt es, ein kohärentes Reformprogramm zu entwickelt, das Italiens Institutionen stärkt, seine Industriestruktur auf Vordermann bringt und Investitionen ermöglicht.

Understanding Italy’s Stagnation

Italy’s economic stagnation is a problem for both Italy and Europe. This paper summarises and evaluates its main explanations. The best account is not that Italy’s didn’t reform, but that it undertook the wrong reforms and stuck with them for too long.

Bausektor meets Zinshammer

Mit 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr und der Wiedereinführung eines eigenständigen Bauministeriums sollte 2021 ein neuer Aufbruch in der Wohnungs- und Baupolitik gelingen. Dieser scheint – Stand jetzt – vorerst gescheitert: Zusätzlich zu bestehenden Lieferschwierigkeiten, gestiegenen Materialkosten und Energiepreisen trifft insbesondere die restriktive Geldpolitik der EZB die Bauwirtschaft empfindlich. Ausreichend bezahlbarer Wohnraum bleibt damit ein fernes Ziel.

Interest Rates, not the Money Supply

In this paper, we show that the case law on the legality of bond purchases by Eurosystem central banks is based in part on the economic theory of monetarism and, in particular, on a 1981 paper by Thomas Sargent and Neil Wallace (“Some Unpleasant Monetarist Arithmetic”). But monetarism, already controversial in the 1970s and 1980s, is now outdated. The assumptions on which Sargent and Wallance built their argument were already partly inaccurate then; today it is generally accepted that they do not apply in reality. This scientific progress should be taken into account in the interpretation.
We therefore develop in this paper an updated, “non-monetarist interpretation” of Article 123 TFEU.

Fiskalpolitik für Souveränität statt europäischer IWF

Anfang November hat die Europäische Kommission „Orientierungen“ zur Reform der europäischen Fiskalregeln publiziert. Darin schlägt sie vor, in Zukunft länderspezifische Ausgabenpfade auf Grundlage von Schuldentragfähigkeitsanalysen vorzugeben. Das klingt erstmal nach einem Feinschmeckerthema. Aber aufgrund ihrer Relevanz gehört die Reform der Fiskalregeln eigentlich auf Seite Eins und ganz oben in den Newsfeed. Denn vom Fiskalrahmen hängt ab, ob Europa in Zukunft das Nötige für die Dekarbonisierung und Stärkung seiner Souveränität tun kann und die Einlösung des Versprechens von Wachstum und Konvergenz in der EU gelingt. Beides ist essenziell, wenn sich ein politisch stabiles Europa in der Welt behaupten möchte.

“Gesunde öffentliche Finanzen” im Europarecht

Die Gesundheit der öffentlichen Finanzen ist ein zentraler Begriff der Wirtschafts- und Währungsunion.
Sie ist dort als „richtungsweisender Grundsatz“ für die Europäische Union und ihre
Mitgliedstaaten vorgegeben. Das Bundesverfassungsgericht erinnert seit seinem Maastricht-Urteil
regelmäßig daran, dass die „Stabilitätsgemeinschaft“ „Grund und Gegenstand des deutschen
Zustimmungsgesetzes“ ist.

In unserem Papier gehen wir der Frage nach, was in den europäischen Verträgen mit „gesunden
öffentlichen Finanzen“ dann eigentlich gemeint ist.
Wir entwickeln daher in diesem Papier eine aktualisierte, „nicht-monetaristische Auslegung“ des Artikels 123 AEUV.

Wann sind öffentliche Finanzen rechtlich gesund?

Gesundheit ist gut, für den Menschen wie für die öffentlichen Finanzen. Die Gesundheit der öffentlichen Finanzen ist aber nicht nur gut, sondern auch ein rechtlicher Maßstab: „gesunde öffentliche Finanzen“ sind als „richtungsweisender Grundsatz“ für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten vorgegeben. Auch die EZB darf, so haben es die Gerichte entschieden, mit ihrem Handeln den Mitgliedstaaten nicht die „Anreize zu gesunden öffentlichen Finanzen“ nehmen.

Zinsen statt Geldmenge

In diesem Papier zeigen wir, dass die Rechtsprechung über die Rechtmäßigkeit von Anleihekäufen durch die Zentralbanken des Eurosystems in Teilen auf der volkswirtschaftlichen Theorie des Monetarismus basiert und insbesondere auf einem Aufsatz von Thomas Sargent und Neil Wallace aus dem Jahr 1981 („Some Unpleasant Monetarist Arithmetic”). Doch der Monetarismus, schon in den 1970er- und 1980er-Jahren kontrovers, ist heute überholt. Die Annahmen, auf denen Sargent und Wallance ihr Argument aufbauen, waren bereits damals teils ungenau; heute ist allgemein anerkannt, dass sie in der Realität nicht zutreffen. Diesem wissenschaftlichen Fortschritt sollte im Rahmen der Auslegung Rechnung getragen werden.
Wir entwickeln daher in diesem Papier eine aktualisierte, „nicht-monetaristische Auslegung“ des Artikels 123 AEUV.

Gaspreisbremse

Die Gas-Kommission hat ihre Vorschläge zur Gaspreisbremse vorgelegt. Das Gute daran: Es liegen nun Vorschläge zur Deckelung der Gaspreise auf dem Tisch, etwas das noch vor ein paar Monaten in Deutschland undenkbar schien. Das Herausfordernde: Es gibt noch ziemlich viel auszuarbeiten. Die Vorschläge sind eher erste Skizzen als ausgearbeitete Gesetzesentwürfe.