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25. June 2025
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Florian Schuster-Johnson

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Geldbrief

Bundeshaushalt 2025: Investitionsbooster, aber künftig wird es eng

Lesedauer: 7 min
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Dr. Florian Schuster-Johnson, Philippa Sigl-Glöckner

Der Bundeshaushalt 2025 ist da. In diesem Geldbrief analysieren wir ihn und kommen zu zwei Ergebnissen: Erstens hält die Bundesregierung ihr Versprechen, die Investitionen deutlich zu steigern. Zweitens wird es ab 2027 aber eng: Die Ausgaben für alles, was nicht unter die Sonderregeln außerhalb der Schuldenbremse fällt, sollen sinken. Wir halten das nicht für realistisch und machen Vorschläge, wie die Bundesregierung den Haushalt grundsätzlich neu aufstellen sollte.

Finanzminister Lars Klingbeil hat gestern den Bundeshaushalt 2025 und die Finanzplanung bis 2029 vorgestellt. „Investitionsminister“ wolle er sein, sagte Klingbeil in der Pressekonferenz. Unsere Haushaltsanalyse zeigt: Dieses Label hat er sich verdient. Aber ab 2027 wird es sehr eng im Haushalt. Wir erklären, wieso das Fiskalpaket diese Entwicklung befeuert und wie Lars Klingbeil, Katherina Reiche und Bärbel Bas zum magischen Dreieck der Haushaltspolitik werden könnten.

Der Investitionsbooster

Noch bevor die rot-schwarze Regierung ins Amt kam, schnürte sie ein Fiskalpaket, dank dessen viel Geld für Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz bereitsteht. Der Haushalt 2025 zeigt, wie dringend dieses Finanzierungspaket gebraucht wurde. Tatsächlich steigt das Investitionsniveau deutlich und auch die Verteidigungsausgaben schnellen hoch. Dabei wurden auch ein paar Milliarden aus dem Haushalt in das Sondervermögen verschoben, das große Hütchenspiel bleibt aber aus. Großteils werden zusätzliche Ausgaben finanziert.

Abbildung 1

Das Investitionsniveau im Kernhaushalt (blaue Säulen) wird weitgehend gehalten. Aus dem neuen Sondervermögen kommen Mittel für Investitionen in Verkehr, Digitalisierung, Forschung, Wohnungsbau und die Energieinfrastruktur dazu. Außerdem werden Milliardeninvestitionen aus dem “alten” noch bis 2027 gefüllten Sondervermögen der Bundeswehr und dem KTF finanziert. So steigert der Bund seine Investitionen im laufenden Jahr auf 116 Mrd. Eur. und die Verteidigungsausgaben auf 62 Mrd. Euro – beide sollen in den nächsten Jahren weiter steigen. Der selbst ernannte Investitionsminister hält sein Versprechen.

Spardruck, wo es keine Sonderregeln gibt

Möglich wird das, weil der Bund mit dem Fiskalpaket für bestimmte Ausgaben einen Weg um die Schuldenbremse herum geschaffen hat. Das ist angesichts der Dringlichkeit höherer Verteidigungsausgaben und Infrastrukturinvestitionen richtig; Nur hat das geschaffene Konstrukt sehr problematische Auswirkungen auf den eigentlichen Haushalt. In dem wird es jetzt noch viel enger als zuvor, es muss in den kommenden Jahren hart gespart werden. Wieso die Ausnahmen so viel Druck auf den Haushalt machen, erklären wir gleich.

Abbildung 2


Die Eckwerte des Finanzplans sehen vor, dass die Bundesausgaben ohne Sonderregeln bis 2029 sinken sollen, von 471 auf rund 453 Mrd. Euro. Einsparungen ähnlicher Größenordnung gab es in jüngerer Vergangenheit lediglich in den Jahren 1994 bis 1997. Die gingen allerdings mit harten Konsolidierungsmaßnahmen und Subventionskürzungen einher – das Gegenteil dessen, was der Koalitionsvertrag erwarten lässt. Die Lücke beziffert das Finanzministerium für 2027 auf 22, für 2028 auf 56 und für 2029 auf 66 Mrd. Euro. Letzteres entspricht ungefähr dem heutigen Verteidigungshaushalt oder der Hälfte des Zuschusses zur Rente. Ohne fortgeschrittene Finanzmagie lässt sich diese Summe so schnell nicht wegzaubern. Dieses Jahr ist von dem Sparzwang (außer bei der Entwicklungshilfe) zumindest nominal noch wenig zu spüren; die Ausgaben liegen ungefähr auf dem Niveau des Vorjahres.

Doch kommt hier schon ein bisschen Finanzmagie ins Spiel: Die Zinsausgaben des Bundes sinken 2025 um rund 5 Mrd. Euro, weil die Bundesregierung künftig Zinsausgaben anders verbucht als vorher. Das ist sehr sinnvoll, nicht nur wir, auch die Bundesbank hat sich dafür ausgesprochen. Dieser einmalige Ausgabensprung nach unten überlagert, dass an anderen Stellen, vor allem bei den Zuschüssen zur Rentenversicherung, die Ausgaben weiter steigen. Beim Dauerbrenner Bürgergeld hat man schlicht die Ist-Werte aus 2024 fortgeschrieben, obwohl angesichts der wirtschaftlichen Lage von steigenden Arbeitslosenzahlen auszugehen ist (und die Bundesregierung diese auch selbst prognostiziert). Kurzum: Realistischer wäre, von steigenden Ausgabebedarfen auszugehen. Wie die Planung einer sinkenden Ausgabenkurve bis 2029 eingehalten werden soll, ist uns ohne Kenntnis des detaillierteren Finanzplans nicht klar.

Die Krux im Haushalt: Zinsen & Survival-Subventionen

Wir haben versucht, die steigenden Ausgabenbedarfe für die kommenden Jahre abzuschätzen. In einem noch nicht veröffentlichten Policy Paper, quantifizieren wir die Manövriermasse im Haushalt – also der Teil der Ausgaben, die nicht langfristig durch rechtliche Verpflichtungen gebunden sind. Zu den gebundenen Ausgaben gehören vor allem Sozialleistungen, Verwaltungskosten, Verteidigung und Zinszahlungen (Abbildung 3).

Abbildung 3

Die Manövriermasse im Haushalt hat im Verlauf der letzten Jahrzehnte kontinuierlich abgenommen und liegt bei rund 24 Prozent. Wir rechnen damit, dass sich dieser Trend verstärkt. Im Jahr 2035 könnte der Anteil disponibler Ausgaben am Haushalt weniger als fünf Prozent betragen.

Zinsen und Sozialausgaben treiben diese Entwicklung: Erstens werden die Zinsausgaben im Haushalt steigen, weil der Bund sich für Verteidigung und das Infrastruktur-Sondervermögen stärker verschuldet. Während Sonderregeln also den Platz für Investitionen schaffen, wird der Bundeshaushalt durch die entstehenden Zinsausgaben zunehmend zugebaut. Vorfahrt für die einen Ausgaben, macht es den anderen besonders schwer zu bestehen.

Zweitens projizieren wir zunehmende Sozialtransfers. Wir nennen diese “Survival-Subventionen”. Das ist Geld vom Staat, das die Haushalte und Unternehmen benötigen, wenn die Wirtschaft nicht so funktioniert, wie sie soll, und ausreichende Einkommen bzw. Profite abwirft. Dazu zählen auch Strompreissubventionen, insbesondere für Unternehmen, die bereits heute rund 20 Mrd. Euro ausmachen und angesichts der Pläne der Koalition weiter zunehmen dürften.

Wenn Zinsen und Survival-Subventionen die Manövriermasse im Bundeshaushalt immer kleiner werden lassen, nähert Deutschland sich amerikanischen Verhältnissen: JJe enger es wird, desto eher muss ein neues Sondervermögen beschlossen werden, um den notwendigen Spielraum ad hoc zu schaffen. Der Beschluss eines neuen Sondervermögens würde zum deutschen Äquivalent des amerikanischen „debt ceilings“: Ein politisch aufgeladenes Ritual, im Rahmen dessen jedes Mal mit großem Drama und vielen Kuhhandeln die Handlungsfähigkeit des Staats wieder hergestellt werden muss. Mit demokratisch legitimierter und nachhaltiger Finanzpolitik hat das wenig zu tun. Um das zu ändern, braucht es mehr als Stückwerk: Nötig ist eine grundlegende Reform des Haushalts.

Ohne Wachstum geht es nicht

Diese Reform muss sich auf Wirtschaftswachstum ausrichten. Wenn die Wirtschaft läuft, Geschäftsmodelle langfristig erfolgreich sind und Menschen gut genug verdienen, dann nimmt erstens der Subventionsbedarf ab. Und zweitens lassen sich die Zinskosten aus steigenden Steuereinnahmen bestreiten.

Die wichtigste Stellschraube dafür ist der Arbeitsmarkt: Deutschland kann es sich nicht leisten, dass die Hälfte aller Frauen (häufig wegen fehlender Kita- oder Pflegeinfrastruktur) in Teilzeit arbeitet, vier Millionen Menschen Bürgergeld beziehen und Arbeitnehmer millionenfach frühzeitig in Rente gehen.

Damit die Wirtschaft läuft, braucht es auch gewisse staatliche Ausgaben, nicht zuletzt für öffentliche Leistungen. Ohne ein gutes Bildungssystem wird der größte Aufschwung nicht dazu führen, dass Beschäftigte gut verdienen. Ebenso sollte ein Staat stabilisierend wirken, um langfristige Schäden an der Wirtschaft zu verhindern. Ansonsten könnte sich heutiges Sparen sogar negativ auf den zukünftigen Haushalt auswirken.

Will die Bundesregierung den Haushalt langfristig nachhaltig aufstellen, sind pauschale Kürzungen hier und da (wie wir sie im detaillierten Finanzplan erwarten) weder ausreichend noch zielführend. Sie muss Maßnahmen ergreifen, die mehr Menschen in Arbeit bringen und sie so dazu befähigen, ihr Leben zu finanzieren – ohne vom Staat subventioniert werden zu müssen. Genauso müsste sie mehr Unternehmen dazu bringen, langfristig tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln, die zum Beispiel nicht von Stromsubventionen abhängig sind.

Unser Rezept für eine Haushaltsreform lautet: „Subventionen runter, öffentliche Leistungen ausreichend finanzieren und ansonsten so effizient wie möglich mit dem Geld umgehen.“ Diese Reform könnte durch eine neu gegründete „Kommission für Wachstum und nachhaltige Staatsfinanzen“ angestoßen werden. Wichtig wäre, dass an dieser Reform Finanz-, Arbeits- und Wirtschaftsministerium beteiligt sind und diese drei Ministerien nicht versuchen, für sich möglichst viel Geld herauszuholen, sondern gemeinsam herausfinden, wie man das Rezept gut und schnell umsetzt. Im Zusammenspiel dürfte das wesentlich effizienter sein, als wenn jeder für sich versucht, Arbeitsmarkt, Finanzen oder die Wirtschaft zu reparieren, denn am Ende bedingen alle drei einander.

Der Geldbrief ist unser Newsletter zu aktuellen Fragen der Wirtschafts- Fiskal- und Geldpolitik. Über Feedback und Anregungen freuen wir uns. Zusendung an florian.schuster-johnson[at]dezernatzukunft.org


 

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