Wie wir die Modernisierung Deutschlands finanzieren

Deutschland benötigt bis 2030 zusätzliche öffentliche Ausgaben in Höhe von 782 Mrd. Euro für die Modernisierung. Bislang fehlt der deutschen Politik dafür ein verlässlicher Finanzierungsrahmen; diskutiert werden stets eine grundlegende Reform der Schuldenbremse oder Einsparungen. Beide Strategien sind kurzfristig nicht realistisch umsetzbar. In diesem Policy Paper zeigen wir, dass viele der ermittelten Bedarfe auch ohne Grundgesetzänderung finanziert werden können, und zwar kurzfristig: Im Rahmen der Schuldenbremse sind Verschuldungsmöglichkeiten für produktive Ausgaben im Rahmen der Konjunkturkomponente und finanzieller Transaktionen bereits angelegt. Dennoch sind diese Finanzierungslösungen unzureichend, komplex und teurer als nötig. Eine Reform der Schuldenbremse ist deshalb sinnvoll, erfordert aber zunächst ein neues Verständnis nachhaltiger Staatsfinanzen.

Die deutsche Schuldenquote liegt bei 47 Prozent

Die Schuldenbremse feiert Geburtstag – und wir machen ihr ein Geschenk: Wir bringen sie in Einklang mit der Schuldenquote in den EU-Fiskalregeln. Denn anders als die Schuldenbremse, die Schulden für den Aufbau staatlichen Vermögens erlaubt, schaut die Schuldenquote nur auf den Bruttoschuldenstand und ist blind gegenüber dem Staatsvermögen. In einem neuen Policy Paper, das dieser Geldbrief zusammenfasst, schlagen wir alternativ eine Nettoschuldenquote vor, die einen Teil des liquiden staatlichen Finanzvermögens mit den Schulden verrechnet und der plausiblere Indikator für Schuldentragfähigkeit ist.

Die deutsche Schuldenquote liegt bei 47 Prozent

Die heute verwendete Schuldenquote ignoriert das staatliche Finanzvermögen und zeichnet deswegen ein verzerrtes Bild von Schuldentragfähigkeit. Wir schlagen dagegen eine Nettoschuldenquote vor, die beide Seiten der Staatsbilanz betrachtet. Sie lag Ende 2023 bei 47 Prozent des BIP – und damit deutlich unter der Maastricht-Grenze von 60 Prozent.

Staatsverschuldung und Transformation der monetären Architektur in Preußen und dem Deutschen Kaiserreich, 1740-1914

Dieser Aufsatz zeichnet den Wandel der monetären Architektur und der damit einhergehenden Praxis der Emission von Staatsanleihen in Preußen und dem Deutschen Kaiserreich von 1740 bis 1914 nach, um die zeitgenössischen Vorstellungen über das angemessene Verhältnis zwischen dem Finanzministerium, der Zentralbank und dem privaten Bankensystem in Fragen der Emission von Staatsschulden zu beleuchten. Dazu werden drei Institutionen als „Protagonisten“ diskutiert – die Preußisch Königliche Bank, die Seehandlung und die Disconto-Gesellschaft – und durch vier Phasen der preußischen und deutschen Geschichte begleitet: das feudale Preußen von Friedrich II. bis zur Niederlage gegen Napoleon (1740–1806); von den Stein-Hardenberg’schen Reformen bis zur Märzrevolution (1807–1848); das nachrevolutionäre Preußen mit dem Aufstieg Bismarcks, seinen drei Kriegen und der Gründung des Deutschen Kaiserreiches (1849–1871); und Preußen im Deutschen Kaiserreich in der ersten Ära der Globalisierung (1871–1914). Vor dem Hintergrund der monetären Architektur als konzeptionellem Rahmen ergeben sich aus der Analyse drei wesentliche Erkenntnisse. Erstens haben bilanzexterne Fiskalagenturen (off-balance-sheet fiscal agencies, OBFAs) schon eine Schlüsselrolle bei der Emission und Verwaltung von Staatsanleihen gespielt, bevor sich Zentralbanken und Finanzministerien im modernen Sinne entwickelt hatten. Dies wird an der institutionellen Rolle der Seehandlung deutlich, die während der Napoleonischen Kriege als Erste mit der Emission von preußischen Staatsanleihen begann. Zweitens haben Zentralbanken innerhalb des öffentlich-privaten Spektrums im Laufe der Zeit ihre Rolle verändert. Die staatliche Preußische Königliche Bank wurde durch die Umwandlung in die hybride Preußische Bank wesentlich funktionstüchtiger und besser zu kontrollieren. Als sie 1875 in die Reichsbank umgewandelt wurde, entschied man sich für eine vollständig private Eigentümerstruktur. Drittens führten die wirtschaftliche Liberalisierung nach 1848 und die zunehmende notwendige Nutzung privater Mittel für die Kriegsfinanzierung zum Aufkommen der Konsortialemission von Staatsanleihen. Die Disconto-Gesellschaft, die eine zentrale Rolle im Preußen-Konsortium und im Reichsanleihekonsortium spielte, war führend daran beteiligt, ein neues Verhältnis zwischen privaten Finanzinstituten und dem Staat zu etablieren. 

Drei Lehren aus neuen EZB-Vermögensdaten

Diesen Januar hat die EZB erstmalig verteilungsbasierte Vermögensbilanzen (VVB) veröffentlicht. Vereinfacht: Wem gehört wie viel? Drei Lehren konnten wir aus einer ersten Analyse der Daten ziehen: Erstens, gerade Betriebsvermögen ist stark konzentriert. Die Firmen der Eurozone gehören fast exklusiv den oberen zehn Prozent. Zweitens, die Lücke zwischen Eigentümer:innen und Mieter:innen klafft immer stärker. Während 2011 die Eigentümer:innen in Deutschland noch durchschnittlich achtmal so reich wie die Mieter:innen waren, sind sie heute zehnmal so reich. Drittens: Obwohl diese Daten ein großer Schritt nach vorne sind, gibt es Nachbesserungsbedarf. Insbesondere in das obere Ende der Verteilung geben sie noch zu wenig Einblick.

Über Unsicherheit, Investitionen und was der Staat tun kann

In diesem Geldbrief geht es um den Zusammenhang zwischen Unsicherheit und Investitionstätigkeit. Denn die wirtschaftspolitische Unsicherheit ist global zuletzt gestiegen, vor allem in Deutschland. Wir untersuchen, in welchem Maße sich die gestiegene Unsicherheit mit dem deutschen Exportmodell und der wackeligen Haushaltspolitik der Ampel erklären lässt und diskutieren Strategien zur Reduktion wirtschaftlicher Unsicherheit und Steigerung von Investitionen in der Zeitenwende. Eine besondere Rolle kommt dabei dem Staat zu.

Spreads auf Staatsanleihezinsen, der EZB-Sicherheitenrahmen und Peripherieprämien in der Eurozone

In diesem Beitrag wird die Entstehung der Renditenaufschläge für Staatsanleihen in der Eurozone vor der Finanzkrise untersucht. Wir kommen zu dem Ergebnis, dass der Wechsel des Eurosystems von der unbedingten zur bedingten Notenbankfähigkeit von Staatsanleihen im Jahr 2005 das Entstehen von Spreads auf Staatsanleihen in der Eurozone auslöste, die durch eine Peripherieprämie wirksam wurden.

Zinsen, Fiskalregeln und Brandbeschleuniger

In diesem Geldbrief argumentieren wir, dass ein Thema in der aktuellen Debatte um die Reform der europäischen Fiskalregeln unbedingt mehr beachtet werden sollte: die Zinskosten von Staaten. Dafür gibt es drei Gründe. Erstens machen hohe Zinskosten die Reduktion von Schuldenquoten nahezu unmöglich. Zweitens reflektieren Anleihezinsen, wie wir in einem neuen Papier zeigen, nicht vordergründig die Qualität der Finanzpolitik. Und drittens können schlecht designte Fiskalregeln dazu führen, dass Zinserwartungen zum Brandbeschleuniger für Schuldenkrisen werden.

Wie schlimm ist die Zinsrampe?

In den letzten Wochen verwies der Finanzminister gerne darauf, dass sich die Zinsausgaben seit 2021 verzehnfacht hätten. Unterlegt wurde die Botschaft in den sozialen Medien mit einem furchteinflößenden Chart. In diesem Geldbrief – eine Kollaboration von Dezernat Zukunft mit FiscalFuture – diskutieren wir, was dieser Chart für die Finanzpolitik bedeutet und stoßen auf einen special effect der staatlichen Buchhaltung.

London calling: What happened to the gilt market und was lernen wir daraus?

Die Ereignisse im Herbst 2022 werden Studentinnen und Studenten der politischen Ökonomie wohl noch über Jahre faszinieren: In atemberaubender Geschwindigkeit konnte man den Zerfall der britischen Regierung miterleben, nachdem der Markt für britische Staatsanleihen Ende September historische Ausschläge erlebte. In diesem Geldbrief erklären wir, was seit Mitte September an den Finanzmärkten passiert ist und welche Schlüsse daraus zu ziehen sind.

Sondergeldbrief: Zinsen statt Geldmenge – Monetarismus in der Europa-Rechtsprechung?

In den vergangenen Monaten haben wir in einem Geldbrief, einem vertiefenden Fachtext und nicht zuletzt in unserem allerersten Comic den Übergang der geldpolitischen Implementierung von Geldmengensteuerung hin zu Zinssteuerung aufgearbeitet. Und sicherlich haben Sie sich bei der Lektüre gedacht: „Wow, das ändert alles. Aber was folgt daraus konkret?“
Kein Sorge: Sie sind mit dieser Frage nicht allein. In unserem heutigen Geldbrief besprechen wir die juristischen Folgen dieses Wandels: die Konsequenzen dafür, was die Zentralbanken rechtlich dürfen und was nicht.

Italien, GameStop und teure Prophezeiungen

Italien hat gewählt. Wir schauen auf die Zinsen und gehen ins Grundsätzliche. Was das mit multiplen Gleichgewichten, GameStop und teuren Prophezeiungen zu tun hat, erklären wir in diesem Geldbrief. Am Ende geht es dabei um nichts geringeres als die Souveränität Europas.

Wie weiter mit dem Gas?

Daher halten wir es allein aus finanzieller Perspektive für essenziell, sich damit zu befassen, wie möglichst zeitnah eine zuverlässige Gasversorgung mit überschaubaren Kostenrisiken sichergestellt werden kann – ohne fossile Lock-in Effekte zu kreieren, die die Klimapolitik konterkarieren.  Im Folgenden skizzieren wir unser Verständnis der Situation sowie die unserer Meinung nach plausibelsten Lösungsansätze. Ob diese aber tatsächlich beide Ziele – zuverlässige und bezahlbare Gasversorgung einerseits, keine Gefährdung der Klimaziele andererseits – erreichen können, finden wir schwer einzuschätzen.

Winter is coming. Zur Inflation heute und morgen

Am Dienstag hat das Statistische Bundesamt neue Inflationszahlen vorgelegt. Nach einem leichten Rückgang von Mai bis Juli ist der Verbraucherpreisindex (das offizielle Maß für Inflation in Deutschland) wieder auf eine jährliche Inflationsrate von 7,9% gestiegen.[1] Handelt es sich dabei um einen Ausreißer oder um eine Trendumkehr? Was verheißen in diesem Kontext die neuesten Preisanstiege auf den Gas- und Strommärkten? In diesem Geldbrief analysieren wir die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts und wagen eine partielle Inflationsprognose für die nächsten Monate. Unser Ergebnis: Der Winter wird hart. Kurzfristig ist mit weiteren Inflationssteigerungen zu rechnen. Eine Rate von über 10% bis zum Jahresende ist nicht auszuschließen.

Zinsaufschläge sind das Ergebnis (geld-)politischer Entscheidungen

In der Debatte um Zinsaufschläge für Staatsanleihen einiger Mitgliedsstaaten wird gerne die These vorgetragen, Zinsaufschläge seien eine natürliche Antwort des Marktes auf exzessive Verschuldung und ein unverzichtbares Disziplinierungsinstrument. Wir zeigen, dass Zinsaufschläge in monetär souveränen Staaten – unabhängig vom Schuldenstand – nicht existieren und einer soliden Haushaltsplanung im Weg stehen. Auch in der Eurozone sind sie nicht etwa die logische Konsequenz eines 1992 in Maastricht durchdeklinierten Ordnungsrahmens. Ohne eine kaum beachtete und 2005 getroffene EZB-Ratsentscheidung zur Änderung des geldpolitischen Handlungsrahmens hätten Zinsaufschläge wohlmöglich nie die Rolle in der fiskalpolitischen Koordinierung gespielt, die ihnen manche nun zuschreiben. Schließlich plädieren wir dafür, gegenüber unseren europäischen Partnern wieder auf Vertrauen und gemeinsame Regeln zu setzen und die Abschreckungslogik für Konflikte über fundamentale Wertedifferenzen zu reservieren.

Der Zinshammer – Wie Zentralbanken Inflation bekämpfen

Es wurde zuletzt wiederholt gefordert, dass die Europäische Zentralbank als Reaktion auf die gestiegenen Energiepreise die Zinsen erhöhen solle. Um zu evaluieren, ob eine solche Zinserhöhung auf Basis des heutigen Informationsstands die beste Handlungsoption darstellt, ist es hilfreich, sich die Wirkungsweise der Geldpolitik etwas genauer anzusehen. Das tun wir hier und skizzieren, welche Implikationen die Entscheidungen, die Zinsen zu erhöhen oder am bisherigen Kurs festzuhalten, mit sich bringen können. Sollten Sie, solltet Ihr eine Meinung dazu haben, ob die EZB die Zinsen (nicht) erhöhen soll, freuen wir uns über Zuschriften an info@dezernatzukunft.org.     

Bitcoinhandel ist nichts für Sparkassen

Laut eines Berichts des Blogs FinanceFwd arbeitet der Deutsche Sparkassen- und Giroverband aktuell an einer Möglichkeit, Sparkassenkunden den Erwerb von Kryptowährungen wie zum Beispiel Bitcoin anzubieten. Das ist erstaunlich: Kryptowährungen in ihrer heutigen Form sind keine Währungen im eigentlichen Sinn und tragen wesentliche Elemente von Schneeballsystemen. Die Vermittlung von Kryptowährungen kann nicht zur Vermögensbildung breiter Bevölkerungsschichten beitragen, sie fördert nicht die Erziehung junger Menschen zu einem eigenverantwortlichen wirtschaftlichen Verhalten und sie dient nicht dem Gemeinwohl. Aus diesen Gründen wäre die Vermittlung von Kryptowährungen, wie sie laut FinanceFwd aktuell im DSGV eruiert wird, nicht mit dem öffentlichen Auftrag der Sparkassen vereinbar.

Anstehende Aufgaben für Zentralbanken

Nachdem die Inflationsrate in Deutschland auf über 5% angestiegen ist, mehren sich die Stimmen, die verlangen, dass das Eurosystem (EZB und nationale Zentralbanken) die Zinsen erhöht. Im Folgenden argumentiere ich, dass das Eurosystem in der Tat auf die gestiegenen Preise reagieren sollte. Aber nicht mit einer Zinserhöhung, sondern mit einer Kommunikationsoffensive, die noch deutlicher macht, in welchem Fall Zinspolitik ein effektives Gegenmittel gegen steigende Preise ist und wann nicht. Eine solche Kommunikationsoffensive könnte sowohl ihre Legitimität stärken als auch zu stabilen Preisen, mehr Wohlstand und Arbeitsplätzen beitragen.

Wenn Zentralbanken Zinsen kontrollieren – Bericht vom australischen Feldversuch

Am 19. März 2020 legte die australische Zentralbank fest, dass die laufende Verzinsung (Rendite) auf australische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von drei Jahren fortan nicht mehr über 0,25% p. a. liegen sollte. Am 29. Oktober 2021 stellte die Zentralbank die Vorgabe recht abrupt ein. Der australische Feldversuch bietet dabei einige spannende Einblicke in die Durchführung der Geldpolitik und in Staatsanleihemärkte.

Nichts ist, wie es scheint – Für einen präziseren Blick auf Preissteigerungen

Preissteigerung ist nicht gleich Preissteigerung – obwohl Preissteigerungen immer zu Kaufkraftverlusten führen, können sie unterschiedliche Ursachen haben und müssen je nach Ursache bekämpft werden. Angebotsseitige Preissteigerungen mit Zinserhöhungen bekämpfen zu wollen wäre wie der Einsatz von Antibiotika gegen virenbedingte Erkrankungen: Nicht nur unnütz, sondern schädlich. Es ist die Aufgabe von Zentralbankern, Politikern, Ökonomen und Journalisten, einen präziseren Blick auf das Datenmaterial zu werfen, um Politikfehler zu vermeiden.

Mind the coin

Evergrande bietet Anlass für einen spannenden Blick auf das Wirtschafts- und Wachstumsmodell Chinas. Wir haben zwei Wochen lang alles durchgelesen und angehört, was uns dazu unter die Finger kam. Hier zeigen wir, warum uns der chinesische Immobilienmarkt noch eine Weile begleiten wird.

Diktatur der Finanzminister oder doch nur ein Rundungsfehler?

Es geht um die Zentralbankunabhängigkeit: ZEW-Autoren meinen in einer Studie zum Ergebnis zu kommen, „dass die Interessen der nationalen Finanzminister mit am Tisch des EZB-Rats vertreten sind, wenn dort die Entscheidungen über die Geldpolitik fallen“. So lässt sich Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“, in der des Instituts zur Veröffentlichung der Studie zitieren. Wir zeigen jedoch, dass die Ergebnisse des ZEW stark von methodischen Entscheidungen der Autoren abhängen, die auch anders getroffen werden könnten. Die Aussage Prof. Dr. Heinemanns lässt sich also nicht wissenschaftlich begründen.

Finanzmärkte sind keine Luftballons – Wie sich die Geldpolitik auf Vermögenspreise auswirkt

Dieser Dezernatsbrief stellt die Frage, wie nachhaltige von nicht-nachhaltigen Investitionen unterschieden werden können. Die Antwort: es ist schwierig. Am vielversprechendsten ist ein systemischer Ansatz, der für fünf zentrale Wirtschaftssysteme Transformationsflugbahnen vorzeichnet, an denen die Nachhaltigkeit einzelner Investitionen anschließend festgemacht werden kann.

Ausgaben für die Dekarbonisierung

Dieses Papier gibt einen Überblick zu den Ausgaben, die von 2021 bis 2030 für die Dekarbonisierung entlang des im Klimaschutzgesetz festgehaltenen Emissionspfads nötig sind. Diese belaufen sich auf ca. 47 Mrd. Euro pro Jahr. Der Großteil der Gelder fließt den Schätzungen nach in die Förderung privater Investitionen und in die Abschaffung der EEG-Umlage. Die benötigten staatlichen Investitionen für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr sind nur schwerlich durch private Mittel zu ersetzen. Will man öffentliche Bedarfe reduzieren, geht es also weniger um eine Substitution öffentlicher durch private Gelder und mehr um die Entscheidung zwischen Förderung und Ordnungsrecht.

Warum die Konjunkturkomponente ihren Zweck nicht mehr erfüllt. Analyse und ein Reformvorschlag.

Die Debatte um die Schuldenbremse dreht sich zumeist um die Möglichkeit einer Grundgesetzänderung. Dabei ist ein wesentlicher Teil der Schuldenbremse, die Konjunkturkomponente, einfachgesetzlich definiert. Sie soll Defizitbeschränkung mit antizyklischer Fiskalpolitik vereinen und bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung die finanziellen Spielräume vergrößern, beziehungsweise einschränken.
Recent research, however, has shown that this paradigm yields suboptimal results in the current environment: It neither ensures the long-term sustainability of public finances, nor limits external imbalances, nor effectively contributes to solving the challenges Germany faces today, in particular decarbonisation and demographic change. As this is increasingly being recognised, a lively debate on the future of fiscal rules has developed, both in Germany and internationally. This working paper contributes to that debate by developing reform ideas that depart from a positive goal for fiscal policy rather than from the deficiencies of the current rules.

Eine neue deutsche Finanzpolitik

Über Jahrzehnte war die deutsche Fiskalpolitik von der Idee geprägt, dass die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen an der Schuldenquote zu messen sei die Schuldenquote wiederum sei; am besten über das jährliche Haushaltsdefizit zu kontrollieren. Mit der Einführung der Schuldenbremse fand dieser Ansatz 2009 Eingang in die deutsche Verfassung. Die neuere Forschung hat jedoch herausgearbeitet, dass dieses Paradigma im heutigen Kontext zu suboptimalen Ergebnissen führt: Insbesondere gewährleistet es weder die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen noch ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht noch einen effizienten Beitrag zur Lösung der heute vor uns stehenden Herausforderungen, insbesondere der Dekarbonisierung und des demographischen Wandels. Eine wachsende Erkenntnis dieser Tatsache hat sowohl in Deutschland als auch international zu einer lebhaften Debatte über die Zukunft von Fiskalregeln geführt. Dieses Working Paper baut auf der Debatte auf und geht einen Schritt weiter indem es nicht von den Unzulänglichkeiten des heutigen Paradigmas, sondern von einer positiven Zielsetzung aus in Richtung neuer Reformideen denkt. Einführend geben wir einen Überblick zum Stand der Diskussion um Alternativen und Reformen der Schuldenbremse. Anschließend werden drei eng miteinander verknüpfte Fragen beantwortet: was ist die richtige Zielsetzung für Fiskalpolitik? Wie könnte ein institutionelles Rahmenwerk aussehen, um diese Zielsetzung in die Praxis umzusetzen? Und welche konkreten, politisch realistischen Reformoptionen könnten uns in diese Richtung bewegen? Dabei identifizieren wir nachhaltige Vollauslastung der Wirtschaft als sinnvolles Ziel für Fiskalpolitik; machen einen Vorschlag für ein viergliedriges Rahmenwerk, und entwickeln detaillierte Vorschläge für erste Reformschritte mit denen dieses Rahmenwerk in Deutschland umgesetzt werden könnte, darunter eine Anpassung der einfachgesetzlich geregelten Konjunkturkomponente der Schuldenbremse, die Einführung einer Investitionsgesellschaft für kommunale Investitionen, sowie die Einführung eines Frühwarnindikators für Zinskosten.

Planungssicherheit für Finanzpolitik: eine Einführung zur fiskal-geldpolitischen Koordination

MATHIS RICHTMANN, MAX KRAHÉ Zinsen können sich sprunghaft ändern, so heißt es oft, mit niedrigen Zinsen könne der Staat also nicht planen. Aber stimmt das? Historisch gesehen nicht unbedingt. Dieser Artikel erklärt, wie Zentralbanken öffentliche Zinsniveaus beeinflussen können – und in der Vergangenheit beeinflusst haben – und damit Planungssicherheit für Finanzpolitik schaffen. Ob durch Anleihekäufe, Regulierung, oder Garantien, ob mit … Read More