Die Finanz- und die darauf folgende Eurokrise hat zu Wut, Verärgerung und Unverständnis bei Vielen geführt. Für unsere Demokratie ist es wichtig, diesem Unverständnis und den berechtigten Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Wo Kopfschütteln herrscht, wollen wir Wissen an die Hand geben, um die Finanzbranche und Wirtschaftspolitik demokratisch gestaltbar zu machen.
„Dem Gefühl über Umstände Ausdruck verleihen” – unter diesem Motto möchten wir in einer neuen Reihe pädagogische Methoden und Materialien für die außeruniversitäre Bildungsarbeit vorstellen. Das Ziel dieser Serie ist, alle die zu unterstützen, die fachfremdem Publikum Zugang zu Themen der Geld-, Finanz- und Wirtschafspolitik ermöglichen wollen.
Wir sind überzeugt: Wirtschaft und Finanzen dürfen nicht nur Experten zugänglich sein, denn nur so ist eine mündige Debatte zu diesen Themen möglich. Wir sind ebenso überzeugt, dass Wirtschaft und Finanzen—mithilfe der richtigen Pädagogik—prinzipiell für jede Bürgerin begreifbar sind.
Ökonomik und Finanzwesen sind eine Sprache
Wie andere Fachsprachen besteht auch die von Wirtschaft und Finanzen aus eigenen Vokabeln und einer eigenen Grammatik. Unsere Bildungsarbeit fängt bei den Grundlagen an, um so Themen, die auf den ersten Blick hochkomplex sind, in greifbare Nähe zu rücken. Konkret: Nachdem die Funktionen von Zahlungsmitteln im Allgemeinen oder die janusköpfige Form von Geld und Kredit verständlich geworden sind, sind die Schritte zu Anleihen, Derivaten und Portfoliofinanzierung nicht mehr weit.
Indem wir Teilnehmenden dabei helfen sich selbst eine Meinung zu bilden, wirken wir daran mit, dass ökonomische Diskussionen nicht nur unter Experten und Technokraten, sondern auch in der demokratischen Zivilgesellschaft stattfinden.
Gerade die großen Berührungsängste mit ökonomischen Themen lassen diese in Diskussionen von Expertenkreisen und letztendlich technokratischen Apparaten verschwinden. Indem wir Teilnehmenden in Workshops dabei helfen sich selbst eine Meinung zu bilden, möchten wir daran mitwirken, dass ökonomische Diskussionen nicht nur unter Experten und Technokraten, sondern auch in der demokratischen Zivilgesellschaft stattfinden. Es ist gut vermittelbar, dass reale Unterschiede zwischen Staat und schwäbischer Hausfrau bestehen oder, dass private Kreditinteressen nicht immer deckungsgleich mit dem Interesse der Allgemeinheit sind. Auch die Idee eines europäischen fiskalischen Zusammenschlusses leuchtet den jungen, europäischen Menschen, die wir in unserer Bildungsarbeit erlebt haben, sofort ein.
Parallelen zu Lebenserfahrungen
Wie beim Erlernen einer jeder Sprache kann man das Pauken nicht gänzlich vermeiden. Dennoch wollen wir hier Methoden entwickeln und vorstellen, die so weit wie möglich auf Intuitionen und Denkmustern aufbauen, die die meisten Menschen bereits besitzen. Auf diese Art und Weise wollen wir maximale Vereinfachung bei geringstmöglichem Verlust an Genauigkeit erreichen. Auch junge Teilnehmende kennen zum Beispiel die Kreditbeziehung im Kontext vom Anschreiben lassen in der Bar oder beim Tante-Emma-Laden. Parallelen zwischen solchen Lebenserfahrungen und Themen wie unsecured Lending aufzuzeigen—das werden verschiedene der von uns vorgestellten Module leisten.
Handlungsalternativen
Doch Teilnehmenden in einem Workshop die Angst vor diesen Themen zu nehmen, indem sie grundsätzlichen Intuitionen Wörter geben, ist nur ein erster Schritt, der es möglich macht darüber zu sprechen. In einem nächsten Schritt ist unser Ziel, Menschen dabei zu helfen ein Verständnis von realistischen Handlungsalternativen zu gewinnen. Ausgestattet mit einem Grundverständnis wollen wir aufzeigen, welche Arten von Geld-, Finanz-, und Wirtschaftspolitik historisch praktiziert wurden, und welche davon heute realistische Optionen sind.
Ein Workshop in der Oberstufe ersetzt keinen Master in Finance. Wenn er jedoch die Grundlagen und deren Zusammenspiel in den pädagogischen Vordergrund rückt, sehen die Teilnehmenden am Ende gegebenenfalls genauso gut das große Ganze wie AbsolventInnen ökonomischer Studiengänge. Sie können dann, als mündige Bürgerinnen, an Diskussionen über Geld-, Finanz-, und Wirtschaftspolitik teilnehmen und ihren Meinungen klaren Ausdruck verleihen—eine Fähigkeit, die für das gute Gelingen von Demokratie in einer Marktgesellschaft unerlässlich ist.
Ausblick
Wir werden hier Module aus der Bildungsarbeit von anderen vorstellen, zum Beispiel fertige Workshoppläne, geeignete Visualisierungen, Textbeispiele und Methoden. Wir werden diese Methoden hier zentral und zugänglich sammeln, damit sich Referentinnen und Referenten das zusammensuchen können, was für den jeweiligen Rahmen und Zielgruppe passt. Interessante Beiträge nehmen wir jederzeit per Email oder Nachricht entgegen! Bitte schreibt an bildung[aett]dezernatzukunft.org mit Ideen, Materialien oder Konzepten, die wir aufnehmen könnten!
Bei all dem gilt als Ziel: „Dem Gefühl über Umstände Ausdruck verleihen“, um so allen Bürgern die volle Teilnahme am wirtschaftlichen Teil unserer Demokratie zu ermöglichen.
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