24. May 2018
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Was wir lesen #4
2 min Lesezeit
Artikel und Texte, neu und alt, die uns in letzter Zeit unter die Augen gekommen sind:
- Bankeinkünfte durch Seignorage sind beträchtlich. Laut einer Studie der New Economics Foundation verdienen britische Banken eine Summe in Höhe von drei Viertel aller ihrer (nachsteuerlichen) Profite, oder 1.2% des britischen BIPs, durch das besondere Privileg, Geld schaffen zu dürfen. Wie die Autoren es selber zusammenfassen: „a large proportion of banks’ profits are underpinned by their control over the money supply, an essential piece of public infrastructure“. Vergleichbare Studien zu deutschen Banken sind uns nicht bekannt—wenn unseren Lesern solche unterkommen sollten, bitte melden!
- Ein Trio an Texten zur Methodologie und dem Zustand der Volkswirtschaftslehre. Es geht heiß zu:
- Wie geht es der ökonomischen Forschung? Paul Romer, ehemals Volkswirt der Weltbank, gibt eine schmissige Antwort in dieser Rede: seit mehr als drei Jahrzehnten hat die Makroökonomie vor allem Rückschritte gemacht. Forscher, Studenten, Journalisten und die breite Öffentlichkeit wissen heute weniger über die Funktionsweise unserer Wirtschaften als noch in den 80er Jahren, weil die ohnehin relativ dünn gesäten robusten Ergebnisse unter einem Schwall an überkomplizierter, realitätsferner Mathematik begraben wurden. Wir sind nicht überrascht. Eine ähnliche Überzeugung hat uns motiviert, das Dezernat Zukunft zu gründen. Bonus: der Artikel erwähnt jede Menge Phlogiston.
- Aber ist es wirklich so schlimm um die Volkswirtschaftslehre bestellt wie Paul Romer es aussehen lässt? Lukas Freund erklärt, dreiteilig (eins, zwei, drei), verständlich, und auf Englisch, warum realitätsferne, mathematisch motivierte Annahmen ein wichtiger Bestandteil jeder Wissenschaft sind, und wie sich dies in der Methodologie der Ökonomie niederschlägt.
- Unser methodologisches Trio wäre unvollständig ohne einen dritten, kanonische Text: Milton Friedman’s „The Methodology of Positive Economics“. Der wichtigste Abschnitt dieses sehr lesenswerten Aufsatzes ist hier, der volle Text dort. Kurz und knapp: die Wissenschaft im Allgemeinen, und die Ökonomie im Speziellen, sollte sich an der Genauigkeit ihrer Voraussagen messen, nicht an der Genauigkeit ihrer Annahmen.
- Zum Abschluss ein kurzer und knackiger Beitrag von Mark Schieritz in Der Zeit. Er schaut sich die langfristigen Folgen der deutschen Sparpolitik an, und erinnert uns daran, dass Bundesanleihen eine gern gesehene Anlageklasse sind. Botschaft: wir brauchen mehr Schulden, oder zumindest ein stabiles Schuldenniveau, denn sie dienen als „Auffangbecken für das überschüssige Geld der Sparer.“ Ein zweites Argument, dass die Finanzierung von Infrastrukturaufgaben durch Kredite zu finanzieren sind, überzeugt nur bedingt: es stimmt zwar, dass Brücken und Kabel auch nachfolgenden Generationen nützen, doch ist es bei weitem nicht klar, dass das momentane Gesamtarrangement an Ressourcen zwischen den Generationen ausgeglichen ist (siehe z.B. Wolfgang Gründiger’s Alte Säcke Politik).
Picture credit: New Economics Foundation, Zeit Online, Paul Romer, und University of Chicago Press
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