Der EuroMat: KI-gestützte europäische Finanzpolitik

Gute Finanzpolitik ist hochkomplex. Was bereits auf nationaler Ebene gilt, gilt doppelt für Europa. Während sich die Schuldenbremse auf 38 Seiten erklären lässt, benötigt der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) knappe 350 Seiten an Gesetzestexten, Anwendungserläuterungen und numerischen Beispielen zur Umsetzung.

Wirtschaftliche Mehrkosten durch Energiepreisanstiege

Die durch die gestiegenen Energiepreise verursachten Mehrkosten für 2022 und 2023 im Vergleich zu 2019 belaufen sich unserer Schätzung nach auf rund 90 und 150 Mrd. Euro oder 2,3% und 3,7% des BIPs. Dabei fallen insbesondere die für 2023 erwarteten Preisanstiege bei Erdgas und Strom ins Gewicht. Neben kurzfristiger ad hoc Unterstützung bedarf es daher zielgerichteter Politikmaßnahmen für besonders betroffene Haushalte und Unternehmen, die auch über längere Zeit finanzierbar sind.

Jahresabschlussbericht unseres Fiskalprojekts

Vor einem Jahr haben wir unser Projekt zu Fiskalpolitik begonnen. Was am Anfang noch ein Berg unsortierter Notizzettel und eine gute Portion Enthusiasmus war, ist im Laufe des Jahres 2021 zu acht Papieren, drei Erklärtexten und einer größeren Anzahl begleitender Veröffentlichungen in Form von Newslettern und Medienbeiträgen herangewachsen. Diese finden sich zusammengefasst in diesem Jahresabschlussbericht, der zugleich das Ende unseres Fiskalprojekts und den Anfang von sehr viel Neuem markiert.

Ein guter Ausblick für 2022? Der Arbeitsmarkt zieht auf seinem Erholungskurs an der Jugend vorbei

Die gestiegene Arbeitslosigkeit und die umfangreichen staatlichen Hilfspakete haben allerdings weitreichende fiskalische Implikationen: während allein das konjunkturelle Kurzarbeitergeld 2020 mit 22,1 Milliarden Euro zu Buche schlug, ermittelte das IAB, dass die Kosten der Arbeitslosigkeit sich 2020 insgesamt auf 62,8 Milliarden Euro beliefen. Dennoch: Die Investitionen in konjunkturstabilisierende Arbeitsmarktpolitik zahlen sich bereits aus und so konnte die Bundesagentur für Arbeit (BA) das Jahr 2021 positiv abschließen: „Der Arbeitsmarkt blieb bis in den Dezember auf seinem Erholungskurs.“

Erste Einordnung des Koalitionsvertrag: fünf Themen aus Dezernatsperspektive

Am 19. März 2020 legte die australische Zentralbank fest, dass die laufende Verzinsung (Rendite) auf australische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von drei Jahren fortan nicht mehr über 0,25% p. a. liegen sollte. Am 29. Oktober 2021 stellte die Zentralbank die Vorgabe recht abrupt ein. Der australische Feldversuch bietet dabei einige spannende Einblicke in die Durchführung der Geldpolitik und in Staatsanleihemärkte.

Effektiv und mehrheitsfähig? Der Emissionshandel auf dem Prüfstand

Große Teile der ökonomischen Forschung favorisieren die CO2-Bepreisung als Hauptinstrument der Dekarbonisierung. CO2-Bepreisung kann in Form einer CO2-Steuer oder eines Emissionshandels umgesetzt werden. Seit 2005 setzt die EU in der Klimapolitik auf den Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) als Hauptinstrument. Der Emissionshandel spielt auch bei neuen Plänen der EU-Kommission für die Klimapolitik bis 2030 („Fit for 55“), zu welchen sich auch die mögliche Ampel-Koalition in Deutschland in ihrem Sondierungspapier bekennt, eine zentrale Rolle.

The cyclical component of the debt brake: analysis and a reform proposal

Debt brake (Schuldenbremse) reform is often understood to require constitutional change.
Frequently overlooked, however, is that a crucial part of the debt brake is governed by ordinary
law, namely the cyclical component (Konjunkturkomponente). By allowing for more or less net
borrowing depending on the level of economic activity, this component was intended to enable a
counter-cyclical fiscal policy, while both limiting and legitimising new spending. Sections 1-7 of this
paper assess to what extent it is fulfilling this purpose.Recent research, however, has shown that this paradigm yields suboptimal results in the current environment: It neither ensures the long-term sustainability of public finances, nor limits external imbalances, nor effectively contributes to solving the challenges Germany faces today, in particular decarbonisation and demographic change. As this is increasingly being recognised, a lively debate on the future of fiscal rules has developed, both in Germany and internationally. This working paper contributes to that debate by developing reform ideas that depart from a positive goal for fiscal policy rather than from the deficiencies of the current rules.

Interview with Michele Fratianni

The relationship between fiscal and monetary authorities is on many lips these days. Commentators refer to “monetary dominance” if the central bank has full control on the money supply, while “fiscal dominance” is described as a regime in which money supply is determined by fiscal policy decisions.

Berlin Calling – Unser Newsletter zur Bundestagswahl

Wie oft kurz vor Wahlen der Fall, war die Politik in den letzten Tagen besonders kreativ in ihren Vorschlägen. Ein Lieblingsthema diesmal: Die Inflation. Christian Lindner sprach sich – kurz nachdem er sich für eine Klimapolitik ausgesprochen hatte, die vor allem auf steigende CO2-Preise setzt – dafür aus, dass jede staatlich bedingte Verteuerung des Alltags an anderer Stelle kompensiert werden müsse.

Ausgaben für die Dekarbonisierung

Dieses Papier gibt einen Überblick zu den Ausgaben, die von 2021 bis 2030 für die Dekarbonisierung entlang des im Klimaschutzgesetz festgehaltenen Emissionspfads nötig sind. Diese belaufen sich auf ca. 47 Mrd. Euro pro Jahr. Der Großteil der Gelder fließt den Schätzungen nach in die Förderung privater Investitionen und in die Abschaffung der EEG-Umlage. Die benötigten staatlichen Investitionen für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr sind nur schwerlich durch private Mittel zu ersetzen. Will man öffentliche Bedarfe reduzieren, geht es also weniger um eine Substitution öffentlicher durch private Gelder und mehr um die Entscheidung zwischen Förderung und Ordnungsrecht.

Die Konjunkturkomponente und zwei Nachrichten in eigener Sache

Dieser Dezernatsbrief ist etwas Besonderes. Warum, erfahrt Ihr und erfahren Sie weiter unten im zweiten Block, in dem wir von den neusten Entwicklungen im Dezernat berichten. Zuvor gibt es eine Kurzzusammenfassung unseres neusten Papiers, in dem wir uns die Konjunkturkomponente der Schuldenbremse vorgenommen haben. Zum Abschluss folgt der übliche Überblick über Veranstaltungen und Veröffentlichungen von und mit uns.

Warum die Konjunkturkomponente ihren Zweck nicht mehr erfüllt. Analyse und ein Reformvorschlag.

Die Debatte um die Schuldenbremse dreht sich zumeist um die Möglichkeit einer Grundgesetzänderung. Dabei ist ein wesentlicher Teil der Schuldenbremse, die Konjunkturkomponente, einfachgesetzlich definiert. Sie soll Defizitbeschränkung mit antizyklischer Fiskalpolitik vereinen und bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung die finanziellen Spielräume vergrößern, beziehungsweise einschränken.
Recent research, however, has shown that this paradigm yields suboptimal results in the current environment: It neither ensures the long-term sustainability of public finances, nor limits external imbalances, nor effectively contributes to solving the challenges Germany faces today, in particular decarbonisation and demographic change. As this is increasingly being recognised, a lively debate on the future of fiscal rules has developed, both in Germany and internationally. This working paper contributes to that debate by developing reform ideas that depart from a positive goal for fiscal policy rather than from the deficiencies of the current rules.

A new fiscal policy for Germany

The sustainability of public finances should be measured by the debt-to-GDP ratio; the debt-to-GDP ratio is best controlled by keeping the deficit in check. For decades, these ideas shaped German fiscal policy. In 2009, with the introduction of the debt brake, this approach found its way into the German constitution.

Recent research, however, has shown that this paradigm yields suboptimal results in the current environment: It neither ensures the long-term sustainability of public finances, nor limits external imbalances, nor effectively contributes to solving the challenges Germany faces today, in particular decarbonisation and demographic change. As this is increasingly being recognised, a lively debate on the future of fiscal rules has developed, both in Germany and internationally. This working paper contributes to that debate by developing reform ideas that depart from a positive goal for fiscal policy rather than from the deficiencies of the current rules.

70 Milliarden Euro für unsere Zukunft – Eine neue deutsche Finanzpolitik

Letzte Woche haben wir beim Forum New Economy unsere Vorschläge für eine neue deutsche Finanzpolitik veröffentlicht. Unser Kernargument: zukunftsfähige Staatsfinanzen hängen heute an einer produktiven Wirtschaft und einem vollausgelasteten Arbeitsmarkt, nicht mehr am Erreichen einer bestimmten Schuldenquote.  In diesem Dezernatsbrief fassen wir unsere Vorschläge, wie zukunftsfähige Finanzpolitik in der Praxis aussehen könnte, knapp und übersichtlich zusammen.

Eine neue deutsche Finanzpolitik

Über Jahrzehnte war die deutsche Fiskalpolitik von der Idee geprägt, dass die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen an der Schuldenquote zu messen sei die Schuldenquote wiederum sei; am besten über das jährliche Haushaltsdefizit zu kontrollieren. Mit der Einführung der Schuldenbremse fand dieser Ansatz 2009 Eingang in die deutsche Verfassung. Die neuere Forschung hat jedoch herausgearbeitet, dass dieses Paradigma im heutigen Kontext zu suboptimalen Ergebnissen führt: Insbesondere gewährleistet es weder die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen noch ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht noch einen effizienten Beitrag zur Lösung der heute vor uns stehenden Herausforderungen, insbesondere der Dekarbonisierung und des demographischen Wandels. Eine wachsende Erkenntnis dieser Tatsache hat sowohl in Deutschland als auch international zu einer lebhaften Debatte über die Zukunft von Fiskalregeln geführt. Dieses Working Paper baut auf der Debatte auf und geht einen Schritt weiter indem es nicht von den Unzulänglichkeiten des heutigen Paradigmas, sondern von einer positiven Zielsetzung aus in Richtung neuer Reformideen denkt. Einführend geben wir einen Überblick zum Stand der Diskussion um Alternativen und Reformen der Schuldenbremse. Anschließend werden drei eng miteinander verknüpfte Fragen beantwortet: was ist die richtige Zielsetzung für Fiskalpolitik? Wie könnte ein institutionelles Rahmenwerk aussehen, um diese Zielsetzung in die Praxis umzusetzen? Und welche konkreten, politisch realistischen Reformoptionen könnten uns in diese Richtung bewegen? Dabei identifizieren wir nachhaltige Vollauslastung der Wirtschaft als sinnvolles Ziel für Fiskalpolitik; machen einen Vorschlag für ein viergliedriges Rahmenwerk, und entwickeln detaillierte Vorschläge für erste Reformschritte mit denen dieses Rahmenwerk in Deutschland umgesetzt werden könnte, darunter eine Anpassung der einfachgesetzlich geregelten Konjunkturkomponente der Schuldenbremse, die Einführung einer Investitionsgesellschaft für kommunale Investitionen, sowie die Einführung eines Frühwarnindikators für Zinskosten.

Was ist Zukunftsfähigkeit?

Es ist acht Tage her, da hat Wolfgang Schäuble in der Financial Times für eine Rückkehr zu ausgeglichenen Haushalten geworben, um wachsende Schuldenberge und drohende Inflation abzuwenden und so Europas Zukunft zu sichern. Rasche Antworten und Reaktionen verdeutlichen, dass das dem Artikel zugrundeliegende Verständnis zukunftsfähiger Finanzen von der Geschichte überholt wurde. Die Sparpolitik der 2010er Jahre ist vor allem international an ihren eigenen Maßstäben gemessen gescheitert: Die durchschnittliche Schuldenquote in Europa ist durch Haushaltskonsolidierung angestiegen, nicht zurückgegangen (Fatás and Summers 2018).

Mit Hochdruck zum Erfolg – Gastbeitrag von Jean Pisani-Ferry

Jean Pisani-Ferry ist der Lehrstuhlinhaber des Tommaso Padoa Schioppa Lehrstuhls am European University Institute. Er ist außerdem Senior Fellow bei Bruegel, einem europäischen Think Tank, und Non-Resident Senior Fellow am Peterson Institute (Washington DC), sowie Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Sciences Po (Paris). Im Jahr 2017 trug er zu Emmanuel Macrons Präsidentschaftskandidatur als Direktor für Programmatik und Konzepte seiner Wahlkampagne … Read More

I don’t love Schuldenquote: Obamas ehem. oberster Wirtschaftsberater im DZ-Interview

Jason Furman, heute Professor in Harvard, war Barack Obamas oberster Wirtschaftsberater und zählt zu den bedeutendsten Wirtschaftsexperten der USA. Zusammen mit Larry Summers hat er vor kurzem ein Papier veröffentlicht, das eine grundlegende Neuausrichtung der Fiskalpolitik vorschlägt. Wir haben mit ihm über seine Vorschläge gesprochen und erfahren, wieso er die grundsätzliche Prämisse hinter den Fiskalregeln vieler Länder falsch findet. Das … Read More

Die Lage der Länder

In der deutschen Finanzpolitik spielen die Bundesländer eine große Rolle. Mit knapp 420 Milliarden Euro lagen die Länderausgaben 2019 noch vor den Ausgaben des Bundes (knapp 400 Mrd. Euro). Neben finanziellen Verpflichtungen für Polizei und Verwaltung tragen die Länder die Ausgabenverantwortung für wichtige Bereiche wie Bildung und Teile der Infrastruktur. Sie sind eine unverzichtbare Säule staatlicher Aktivität. Trotzdem kommen die … Read More

Ein kommunales Investitionsprogramm für das nächste Jahrzehnt

Die Corona-Krise verschärft die bereits schwierige Situation der kommunalen Haushalte und
könnte die Investitionslücke vergrößern. Um dem beizukommen, braucht es mehr als einen
öffentlichen Investitionsfonds; auch das Verfahren zur Zuteilung der Investitionen muss reformiert
werden. Im vorliegenden Paper schlägt René Geissler einen Drei-Säulen-Ansatz für die Governance
eines solchen Programms vor.

Schuldenbremse 101

In diesem Schuldenbremsen 101 haben wir die wichtigsten Begriffe rund um die Schuldenbremse zusammengefasst.

Was kosten unsere Schulden?

Angesichts der Corona-Krise hat sich die Diskussion um Chancen und Gefahren von Staatsschulden neu entfacht. In Deutschland bedeutet dies vor allem eines: Wie umgehen mit der Erkenntnis, dass ein ausgeglichener Haushalt kein Selbstzweck ist?

Finanzakrobat Bundeshaushalt

Eine turbulente Woche. Wir blicken an Ministerpräsidentenkonferenzen und Corona-Geschehen vorbei und fokussieren uns auf das, was wir am besten verstehen: öffentliche Finanzen. Gestern diskutierte das Bundeskabinett einen Nachtragshaushalt für 2021, die Eckwerte des Haushaltsregierungsentwurf 2022 sowie die mittelfristige Finanzplanung bis 2025. Unsere Analyse zeigt, dass sie viel Finanzakrobatik enthalten. Nicht, weil das für Wirtschaft und Land richtig und wichtig wäre, … Read More

Zuversicht statt Angst

Vergangene Woche hat der neue US-Präsident Joe Biden ein weiteres Konjunkturpaket vorgelegt. Die 1,9 Bio. Dollar könnten der US-Wirtschaft genau die Zuversicht ermöglichen, die Angst vor weiteren Defiziten unnötig macht. Was steckt drin im „American Rescue Plan“ und warum ist die Gesetzesvorlage richtungsweisend für Europa? Zusammengefasst: Nachfragestabilisierung durch Erweiterung der Arbeitslosenversicherung Umverteilung von Bund an Bundesstaaten durch Zuschüsse Timing der … Read More

I ❤️ Schuldenbremse

Zusammengefasst: Kanzleramtschef Helge Braun schlägt vor, die Rückkehr zur Schuldenbremse über 2022 hinaus zu vertagen, um die Erholung der deutschen Wirtschaft nicht zu gefährden Der Vorschlag geht in die richtige Richtung, verschiebt aber in der jetzigen Form das Problem nur in die Zukunft Eine nachhaltige Reform der deutschen Fiskalpolitik erfordert das Zurücklassen nicht mehr zu rechtfertigender Dogmen Der Vorschlag Am … Read More

Einigkeit bei CDU-Vorsitz

Alle drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz sind sich einig: Deutschland soll zurück zu ausgeglichenen Haushalten. Doch in ihrem Weg dorthin unterscheiden sich Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen. In diesem Dezernatsbrief diskutieren wir ihre fiskalpolitischen Vorstellungen. Zusammengefasst: Merz für Schuldenbremse ab 2022, Schuldenquote bei 60% des BIPs bis 2030 Laschet für Schwarze Null für Bund und Länder ab 2024 … Read More