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7. Mai 2025
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Florian Schuster-Johnson

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Sondergeldbrief: Unser neuer Regierungstracker: What gets measured gets done

Lesedauer: 5 min
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Florian Schuster-Johnson, Leonard Mühlenweg, Philippa Sigl-Glöckner

Die schwarz-rote Koalition nimmt ihre Arbeit auf. Sie will für „neues Wirtschaftswachstum“ sorgen. Ob sie das schafft und ob das Wachstum bei den Leuten ankommt, tracken wir in unserem neuen Growth Dashboard. Es veranschaulicht, wie sich die Politik der Bundesregierung auf Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Bundesfinanzen auswirkt. Damit wollen wir erreichen, dass sich jede und jeder faktenbasiert ein eigenes Urteil über die Regierungspolitik bilden kann. Dieser Geldbrief stellt das Growth Dashboard vor.

Die neue Bundesregierung steht, Friedrich Merz ist – mit Verspätung – Bundeskanzler. In ihrem Koalitionsvertrag schreibt sich Schwarz-Rot „neues Wirtschaftswachstum“ ins Hausaufgabenheft. Die Koalition will – und muss – die deutsche Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Wir tracken ab heute, wie gut ihr das gelingt: mit unserem neuen Growth Dashboard.

In diesem Geldbrief werfen wir einen Blick auf drei wichtige Kennzahlen, an denen sich die Regierung messen lassen muss. Für alle, deren Zahlenhunger danach noch nicht gestillt ist: Schaut direkt in unser Growth Dashboard.

Wann wächst Deutschland wieder?

Wenn die Wirtschaft wächst, entstehen neue Jobs. Die Menschen sind weniger auf Sozialleistungen angewiesen, weil sie selbst mehr Geld verdienen. Und die Steuereinnahmen steigen. Wachstum ist also gerade für nachhaltige Staatsfinanzen die alles entscheidende Voraussetzung.

Deutschland hinkt beim Wachstum seit der Corona-Pandemie hinterher (siehe Abbildung 1). Seit 2019 ist die deutsche Wirtschaft praktisch gar nicht gewachsen. Sie ist satte acht Prozent kleiner als sie wäre, wenn der Vor-Corona-Trend sich fortgesetzt hätte. Höhere Energiepreise machen Industrieproduktion teuer, Handelskriege bremsen die fast schon systemkritische Exportwirtschaft und die Konsumlust der Bevölkerung lahmt. Auch die Investitionen von Unternehmen in neue Technologien, Forschung und Entwicklung sind eingebrochen. Ob Merz‘ Regierung erfolgreich sein wird, hängt zuallererst davon ab, ob es ihr gelingt, den deutschen Wachstumsmotor wieder anzuwerfen.

Abbildung 1   Von Wachstum zu Wohlstand

Doch Wachstum allein ist nicht alles. Es muss bei den Menschen ankommen – in Form von Arbeit und Löhnen, die für ein gutes Leben reichen. Auch dabei hat Deutschland Aufholbedarf. Zwar haben wir uns alle an Klagen über den Arbeitskräftemangel gewöhnt.

Aber Fakt ist: Seit drei Jahren steigt die Arbeitslosigkeit. Und nicht nur das, rund 750.000 Menschen in Deutschland sind unterbeschäftigt. Sie gelten nicht als arbeitslos, weil sie an Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit teilnehmen, aber haben eben auch keine richtige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Noch nicht mitgezählt sind Leute, die zwar grundsätzlich arbeiten würden, sich jedoch entmutigt vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben. Zusammengenommen sind also mindestens 3,6 Mio. Menschen nicht in Arbeit – wahrscheinlich sogar mehr.

Abbildung 2

Doch selbst wenn jemand Arbeit hat, war die Entwicklung des eigenen Lohns in den letzten Jahren eher kein Grund zur Freude. Die inflationsbereinigten Löhne haben sich in Deutschland sowieso lange mit wenig Dynamik entwickelt; nach der Corona-Pandemie sind sie erst eingebrochen und noch heute sowohl in der Industrie als auch im Dienstleistungsbereich ca. zehn Prozent unter ihrem früheren Trend. Die Energiepreiskrise und das darbende Wirtschaftswachstum haben ihre Spuren hinterlassen. Die Erwartung an Schwarz-Rot: eine Trendwende im Arbeitsmarkt muss her.

Abbildung 3

Erste Bewährungsprobe: der Bundeshaushalt

Friedrich Merz‘ Hebel für mehr Wachstum, Beschäftigung und höhere Löhne ist der Bundeshaushalt. Wofür der Bund sein Geld ausgibt, hat direkte Auswirkungen darauf, wie gut die Wirtschaft läuft. Das zeigten nicht zuletzt die euphorischen Reaktionen der Kapitalmärkte auf das Fiskalpaket, getrieben von neuen Wachstumshoffnungen. Der Bundeshaushalt – oder genauer gesagt: gleich zwei Bundeshaushalte für 2025 und 2026 – sind direkt nach Amtsantritt die erste Bewährungsprobe der neuen Regierung und ein Gradmesser dafür, welche Prioritäten sie setzt.

In den letzten Jahren lag das Volumen der Bundesausgaben bei rund elf Prozent des BIP (oder: knapp 500 Mrd. Euro). Zwei Entwicklungen fallen ins Auge – eine gut, eine weniger gut. Das Gute: Der Bund gibt relativ zur Wirtschaftsleistung immer mehr Geld für öffentliche Dienstleistungen und die Infrastruktur aus. Wir nennen diese Ausgaben Nutzleistungen; sie umfassen alle Leistungen, die der Staat direkt bereitstellt, z. B. Bildung, Straßen und Schienen. Viele davon helfen dem Wachstum und vergrößern den Wohlstand.

Abbildung 4

Das weniger Gute: Durch die Wirtschaftsflaute steigt auch der Anteil der Subventionen an Haushalte und Unternehmen. Dazugehören Rentenzuschüsse oder das Bürgergeld genauso wie Unternehmenshilfen. Deswegen ist es so wichtig, dass die Bundesregierung das Wachstum ankurbelt. Wenn Menschen und Betriebe genug Geld für sich selbst verdienen, braucht es keinen Staat, der helfend unter die Arme greift. „Gut für die Wirtschaft“ heißt „gut für die Staatsfinanzen“. Ist die Bundesregierung erfolgreich, wird man sehen, dass sich beim blauen Teil der Ausgaben ein rückläufiger Trend abzeichnet, während der rote steigt. Um keine falschen Erwartungen zu erwecken: Das geht nicht von heute auf morgen. Nachhaltiges Sparen, das nicht Investitionen zusammenstreicht, sondern weniger Geld für Subventionen braucht, dauert. Erworbene Rentenansprüche können nicht einfach gestrichen, ein höheres Beschäftigungsniveau von jetzt auf gleich herbeigezaubert werden. Aber in den Finanzplänen der Bundesregierung sollte sich ein Trend abzeichnen.

Wirtschaft durch die Geldlinse

In vier Jahren muss sich die Regierung fragen lassen: Haben wir unser Wachstumsversprechen eingelöst? Haben wir das Geld so verteilt, dass es breiten Wohlstand schafft? Wir wollen, dass alle sich diese Frage selbst beantworten können – mithilfe unseres Growth Dashboards, offen zugänglich und verständlich aufbereitet. Das Dashboard und unser Tracking des Bundeshaushalts werden wir permanent weiterentwickeln, dabei noch tiefer in den Arbeitsmarkt hineinblicken und genauer aufdröseln, wofür genau der Staat sein Geld verwendet. Stay tuned!

Der Geldbrief ist unser Newsletter zu aktuellen Fragen der Wirtschafts- Fiskal- und Geldpolitik. Über Feedback und Anregungen freuen wir uns. Zusendung an florian.schuster-johnson[at]dezernatzukunft.org


 

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