
Überraschung: Neue Schuldenregel beschlossen – BMF bestätigt intern
Dr. Max Krahé, Dr. Florian Schuster-Johnson, Philippa Sigl-Glöckner
Sie tagte im Stillen: Die Expertenkommission zur Reform der Schuldenbremse. Durch eine Quelle in einer internen MSN-Messenger-Gruppe können wir über ihre überraschende Einigung berichten. Auch Europa wurde mitgedacht.
Öffentlich war noch unklar, wie sie besetzt wird und wann die Arbeit beginnt. Und jetzt die Überraschung: Die Expertenkommission zur Reform der Schuldenbremse hat ihre Arbeit nicht nur aufgenommen, sondern bereits abgeschlossen.
Über eine MSN-Messenger-Gruppe, in die eine Mitarbeiterin vom Dezernat Zukunft — vermutlich aus Versehen — eingeladen wurde, bekamen wir folgende Informationen.
Die Grenzen der Logik
Die Expertenkommission wurde bereits kurz nach der Bundestagswahl vom 23. Februar 2025 eingesetzt. Der Hintergrund: Führende Akteure von Union, SPD und Grünen hatten einen Deal gemacht. Mehrheit im alten Bundestag: ja. Aber nur, wenn die Expertenkommission sofort im Stillen anfängt zu arbeiten.
Diese Abmachung war durch sonderbare Vorfälle im Bundesfinanzministerium notwendig geworden. So soll ein ranghoher Beamter weinend und zitternd in seinem Büro aufgefunden worden sein, der Boden bedeckt mit Formeln, gescheitert am Versuch, einen Haushaltsentwurf aufzustellen, der sowohl regelkonform als auch sachlich sinnvoll sei. Eine weitere Kollegin gab sich wechselweise als Investition oder als Infrastrukturausgabe aus, verlor aber den Überblick, ob sie beides zugleich oder nur eines davon war. Nachdem sie mit dem Verdacht einer einsetzenden Schizophrenie in die Psychiatrie eingeliefert wurde, griff der Betriebsrat durch: Er forderte die sofortige Einsetzung der Expertenkommission. Klares Ziel: Vereinfachung jetzt.
Das eingeforderte Tempo hatte Konsequenzen: Kurzfristig verfügbar war fast nur die Ahnengalerie. Es erschienen die Geister von Ludwig Erhard und Karl Schiller, die dank neuester Kernfusionsreaktortechnik aus ihren sterblichen Überresten zusammengesetzt wurden. Ebenfalls eine Überraschung: Papst Franziskus, nominiert aufgrund seiner klaren klima- und sozialpolitischen Positionierung von Bündnis 90/Die Grünen. Ein angeblicher Krankenhausaufenthalt ermöglichte seine Teilnahme, ohne die Kommission auffliegen zu lassen.
Um auf die Zielsetzung des Betriebsrats hinzuarbeiten, legten die Wirtschaftsweisen ein 1232-seitiges Kurzgutachten zu einem Reformvorschlag vor. Radikal viel einfacher sollte die Schuldenregeln werden. So einfach, dass sogar die Bundesbank zustimmt.
Nächtelang jonglierten die Mitglieder mit 60 Prozent, 90 Prozent, 0,35 Prozent, 0,5 Prozent, 0,9 Prozent, mehr als 1 Prozent, wieder 0,35 Prozent. Dann das überraschende Ergebnis: Keine Prozente mehr — stattdessen Einigung auf die silberne Regel.
Wie konnte es dazu kommen? Wir wissen es dank des internen MSN-Messenger Chats.
[09:13] MERZ-AllesNeu2025:
„Guten Morgen. Müssen beim Thema Schuldenregel heute zu einem Ergebnis kommen. Pressekonferenz um 15 Uhr. Aktueller Stand?“
[09:14] Ghost_Lu.Erhard:
“Schuldenregeln, so ein neumodisches Zeug. Du machst, was Du für richtig hältst Friedrich. Wichtig ist Wettbewerb.”
[09:15] Karl_SchillerReincarnated:
„Moment, ich arbeite noch dran. Wenn es schon eine Schuldenquote sein soll (🙈🥵🧟), dann bitte mit ordentlicher Konjunktursteuerung. Falls Rezession in der Autoindustrie, dann 0,9 Prozent BIP zusätzlicher Spielraum. Bei Abschwung Stahl oder Chemie, je 0,35 Prozent.“
[09:16] PapstFranziskus:
„Benedicamus Domino. Ich möchte nochmal einwerfen, dass wir das klimapolitische Element nicht vergessen. Aber ganzheitlich. Ausgaben zum Schutz des Planeten und seiner Kinder ausnehmen?“
[09:18] EisernerHans:
„Hallo ihr Lieben, bin später dran. Machen wir ernsthaft Rente mit 35 nach 21 Beitragsjahren in Parteijugendorganisationen? Hab gerade die Europäische Working Group on Ageing Populations and Sustainability an der Strippe, die kriegen Schnappatmung.“
[09:19] MaggusS:
„👋 von der Isar. Ich sag: ❌. Außer es gibt die BY-Milliarde❗️. Will hier niemand Wahlen gewinnen?”
[09:20] MERZ-AllesNeu2025:
„Wir müssen vorankommen. Spitzenforschung. Topökonomen. Investitionen. Verteidigung. Politikwechsel! Plus Rente @MaggusS. ‚Silberne Regel‘?“
[09:21] PapstFranziskus:
„Oh Gott. Pax vobiscum.“
Die silberne Regel
Unsere Quelle las den Chat mit Unglauben. Das konnte unmöglich echt sein? Aber als 50 Cent für den Kaffee beim Mittagessen in der Kantine des Finanzministeriums über den Chat abgerechnet wurden, war sie sich sicher: Der Chat ist authentisch. Konfrontiert mit Screenshots bestätigte auch ein Pressesprecher des Ministeriums die Existenz des irregulären Kommunikationskanals.
Das Ergebnis: Statt der viel diskutierten Goldenen Regel kommt nun die Silberne. Unter dem wohlwollenden Auge des Betriebsrats kam es tatsächlich zur Streichung sämtlicher Formeln und Prozente; und das bei gleichzeitiger Sicherung der fiskalischen Handlungsfähigkeit, dank unbegrenzter Kredite für renten- und stahlbezogene Ausgaben.
Auch die fiskalische Nachhaltigkeit, so war sich die Kommission sicher, sei mit dieser Regel gesichert. Denn nicht nur haben Verteidigungsausgaben hohe Fiskalmultiplikatoren, sondern auch Rentenausgaben hätten sich bei genauerer psephologischer Betrachtung als hoch produktiv erwiesen.
Abschaffung der Sondervermögen, Angleichung mit Europa
Einzig verbleibende Komplikation: Die 29 Sondervermögen des Bundes, plus das neue für Infrastruktur. Auch hierfür fand die Kommission eine Regel: Im Haushaltsjahr 2028 werden die Kreditermächtigungen aller dann bestehenden Sondervermögen restlos in den Kernhaushalt überführt. Das Geld daraus werde für zukunftsträchtige Projekte bereitgestellt, wie Forschungsförderung, die Rente mit 35 nach 21 Beitragsjahren in einer Partei-Jugendorganisation, sowie – auf Forderung der Grünen – eine Wiedereinführung der E-Auto-Prämie, jedoch nur für Zweiräder mit besonders großem Gepäckträger und unterstützendem Tret-Antrieb.
Wir geben zu: Die Einigung hat uns überrascht. Offenbar besteht doch der Wille, das Wirrwarr aus EU-Regeln, Schuldenbremse, Verteidigungsausnahme und Sondervermögen zu begradigen. Statt willkürlicher Zahlen gelingt so eine nachvollziehbare und atmende Schuldenobergrenze.
Auch die europäische Ebene hat die Expertenkommission mitbedacht. Nach dieser produktiven Vereinfachung sei das BMF bereit, so suggerierten einige Nachrichten, eine 1-zu-1-Übertragung des neuen Rahmens auf die EU zu akzeptieren. Sogar ohne dafür eine Lizenzgebühr zu verlangen.
Der Geldbrief ist unser Newsletter zu aktuellen Fragen der Wirtschafts- Fiskal- und Geldpolitik. Über Feedback und Anregungen freuen wir uns. Zusendung an max.krahe[at]dezernatzukunft.org
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