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17. Februar 2019
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Dezernat Zukunft

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Was wir lesen – Februar 2019

3 min Lesezeit
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DEZERNAT ZUKUNFT

Dieses Mal mit Reservewährungen und deren Nebenwirkungen, der nicht katastrophalen Natur von Staatsschulden, einer spannenden Initiative auf der anderen Seite des Atlantiks, sowie Erkenntnissen zur Einkommensungleichheit.

  • Anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Euros reflektiert EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Cœuré dessen globale Stellung. Wie er zeigt, ist die globale Rolle des Euros seit Mitte der 2000er rückläufig: Die Nutzung des Euros für die Ausgabe von Anleihen, Krediten, internationale Bankeinlagen, Devisenzahlungen und Währungsreserven nimmt ab. Diesen Trend führt Cœuré vor allem auf Schwächen des institutionellen Designs der EU zurück. Neben unzureichender Stabilität und geringer Tiefe der europäischen Finanzmärkte nennt er auch explizit die Abwesenheit einer geeinten europäischen Stimme in internationalen Angelegenheiten, inklusive nationaler Sicherheit. Somit könnte eine Reform und Stärkung der EU und des Euroraums den Nebeneffekt einer gestiegenen internationalen Rolle des Euro mit sich bringen. Dies würde aber auch eine größere internationale Rolle der EZB in der Bereitstellung von Liquidität und damit als Lender of Last Resort bedeuten. Daraus folgert Cœuré, dass die richtigen Reformen einen dreifachen Effekt haben könnten: (1) Ein robusterer Euroraum, (2) eine stärkere globale Rolle des Euros und (3) eine effektivere aber auch mit größerer globaler Verantwortung betraute Geldpolitik.
  • Passend dazu beschreibt Credit Suisses Zoltan Pozsar in der 20. Ausgabe seiner Global Money Notes mit dem Titel „Lost in Transmission“ wie kompliziert das Management einer globalen Reservewährung sein kann: Entgegen der Erwartungen führt die Anhebung der US Leitzinsen nicht zu einer größeren Nachfrage nach US Treasuries von ausländischen Käufern (die in der Vergangenheit zusätzlich verfügbare US Treasuries aufgekauft haben). Das zwingt Pozsars Einschätzung nach die Fed aktiv Treasury Bills (kurzfristige Staatsanleihen) zu kaufen, damit es weiterhin ausreichend Käufer für 10-jährige US Treasuries gibt.  
  • Die Schleife zum monetär fiskalen Produkt bindet Olivier Blanchard mit seinem Policy Brief zu öffentlichen Schulden, der auf seine vielbeachtete Rede beim jährlichen Treffen der American Economic Association folgt (Videoaufnahme der Rede). Blanchard argumentiert, dass solange reale Zinsen geringer sind als das Wachstum des BIPs, öffentliche Schulden keine Kosten haben (Kosten definiert er als die Notwendigkeit höhere Steuern zu erheben): Solange das BIP schneller wächst als die Schulden, fällt die Schuldenquote (Schulden/BIP) automatisch. Darüber hinaus hält er das Verhältnis zwischen den Kosten des Schuldendiensts und des BIP für die relevante Messgröße, nicht Schuldenquoten. Blanchard, ehemaliger IWF Volkswirt, ist jedoch auch sehr explizit darin, dass er hier keine Lizenz zur endlosen Verschuldung ausstellt. Stattdessen votiert er für Verschuldung der richtigen Art.    
  • Eine Plattform die man in Zukunft im Auge behalten sollte sind die Economists for Inclusive Prosperity (EfIP). Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss aus ÖkonomInnen, vornehmlich von US-Eliteuniversitäten, die es sich zum Ziel gesetzt haben, einen Beitrag zur Bewältigung von wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu leisten. Ihre eigene Vorstellung findet sich hier. In bisher zehn policy briefs widmen sie sich zudem Themen wie z. B. einer Reform des Finanzsystems oder der Besteuerung multinationaler Unternehmen. Besonders interessant fanden wir das Briefing zu How to think about finance, das einen Zusammenhang zwischen zunehmender Vermögenskonzentration und ansteigender Verschuldung herstellt (sehr verkürzt dargestellt: Das Geld, das bei den Top 1% landet, kehrt in Form von Krediten in den Wirtschaftskreislauf zurück). Der akademische Hintergrund der Autoren ist nicht zu verkennen, nichtsdestotrotz adressieren die policy briefs relevante Problemstellungen und liefern zumindest diskussionswürdige Lösungsansätze. Ihrem anfänglichen Versprechen, dass Ökonomen noch Anregungen für den Politikprozess liefern können, kommen sie somit durchaus nach und man kann auf zukünftige Inhalte gespannt sein.
  • Eine Studie der OECD liefert Erkenntnisse und Hintergründe zu steigender Einkommensungleichheit in OECD-Ländern seit den 90er Jahren. Es werden insbesondere Reformen identifiziert, die mit der gebremsten Umverteilung zusammenhängen, wie z. B. die Reduktion von Sozialhilfe, Spitzensteuersätzen und Kapitalertragssteuersätzen. Dies zeigt auch, dass der zwar positive Beschäftigungseffekt dieser Reformen nicht die erlittenen Umverteilungsverluste auffangen konnte. 

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